Strukturen subkultureller Kommunikation
am Beispiel der politischen Schwulenbewegung

Schriftliche Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades des Magister Artium
im Studienhauptfach Kommunikationswissenschaft,
Fachbereich 3 Literatur- und Sprachwissenschaften an der Universitaet GH Essen

Vorgelegt von Damian Schmidt, D-45307 Essen, am 06. August 1997
Gutachter: Prof. Dr. H. Walter Schmitz, Dr. Jens Loenhoff
(Adaptierte Web-Fassung)




1 Persoenliches Vorwort

Auf vielfaeltige Weise bin ich mittlerweile selbst mit den Strukturen schwuler "Subkultur" und politischer "Schwulenbewegung" verbunden.
Ein Studienaufenthalt an der Universtity of California at Los Angeles (UCLA) 1994 vermittelte mir nicht nur einen neuen Wissenschaftsbegriff ("Learn the concepts and forget about where they came from. [...] Try to integrate everything into a whole structure.")[1], sondern auch neue Perspektiven auf die deutsche Gesellschaft und nicht zuletzt auch auf meine eigene Identitaet: An der UCLA ging Evelyn Hooker[2] bereits in den sechziger Jahren den Forschungen nach, die spaeter zur Streichung von "Homosexualitaet" aus dem Krankheitsregister der WHO fuehrten.
Nach meiner Rueckkehr aus den USA wurde ich schliesslich durch verschiedene Veranstaltungen im Rahmen der mehrfach durch den damaligen Schwulenreferenten der Universitaet Gesamthochschule Essen, Werner Breitzke, ausgerichteten "Essener Schwulenhochschultage" auf die politische Dimension meines schwulen Lebens aufmerksam gemacht. Eine der ersten Diskussionen, die ich als engagierter Teilnehmer erlebte, war ein offenes Streitgespraech zwischen einem Lokalredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), Herrn Kai Sueselbeck, sowie Vertretern der schwulen Presse und schwuler Verbaende, das Anfang September 1995 - leider ergebnislos - in den Raeumen von Buendis90/Die Gruenen in Essen abgehalten wurde.
Angeregt durch die hilflose Arroganz und die Verstaendnislosigkeit des WAZ-Redakteurs, der damals nicht davon zu ueberzeugen war, dass ueber die Vielfalt schwulen Lebens nicht nur in Kriminalreportagen und mit Aussagen wie "im Homosexuellenmillieu" zu berichten sei, fand ich mich in den naechsten Wochen auf immer mehr Veranstaltungen dieser Art wieder.
Wenige Monate darauf wurde ich zum Oeffentlichkeitsreferenten des "CSD RUHR '96" ernannt, welcher die Tradition des jaehrlich weltweit im Juni in Erinnerung an den Beginnn der modernen Schwulenbewegung begangenen schwul-lesbischen Gedenktages nun auch fuer das ganze Ruhrgebiet aufleben lassen wollte. Neben meinen Qualifikationen als Mitinhaber einer Werbeagentur war fuer diese Ernennung aber wohl ebenso ausschlaggebend, dass ich fuer die meisten Mitglieder der inzestuoesen Schwulenbewegung ein bis dato vollkommen unbeschriebenes Blatt war.
Der CSD Ruhr '96 in Dortmund wurde mit ca. 2.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Demonstrationszuges ein beachtlicher Erfolg. Ich wurde daraufhin Vorstandsmitglied des nun entstehenden CSD-Vereins "Queer im Revier" und zugleich Oeffentlichkeitsreferent des CSD Ruhr '97, und in dieser Funktion nahm ich erneut an zahlreichen persoenlichen Eroerterungen, regionalen Diskussionen, nationalen Kongressen und einer internationalen Konferenz der "Schwulenbewegung" teil.
In der Arbeit als Referent blieb eine Beschaeftigung mit der historischen Situation der Lesben und Schwulen und der "Schwulenbewegung" nicht aus, doch vieles wurde mir damals durch persoenliche Gespraeche mit frueheren "Kaempfern" oder auf Kongressen vermittelt, so dass ich ein Teil des kollektiven Gedaechtnisses der Schwulenbewegung wurde. Dass dieses Gedaechtnis nicht einwandfrei, sondern in Teilen sogar aeusserst selektiv funktioniert, habe ich bei den Recherchen zu dieser Arbeit feststellen muessen.
Wohl auch deshalb habe ich nach dem Anfang 1997 erfolgten Ruecktritt aus meinen Aemtern eine durchaus kritische Sichtweise auf die Strukturen und Ziele der deutschen "Schwulenbewegung" gewonnen und auch oeffentlich manifestiert; eine Sichtweise, die in wissenschaftlicher Hinsicht positive Auswirkungen auf die vorliegende Arbeit haben sollte.
Im 100jaehrigen Jubilaeumsjahr der deutschen "Schwulenbewegung" gibt es eigentlich nicht viel zu feiern, denn einiges hat sich in den Gesetzbuechern, aber noch zu wenig in den Koepfen geaendert. Und ich bin mir der Gefahren durchaus bewusst, die mit der Veroeffentlichung der inneren Kommunikationsstrukturen einer in der Vergangenheit gerade in diesem Land zum Teil brutal verfolgten Minderheit verbunden sein koennen:

Dennoch schreibe ich diese Arbeit im Vertrauen auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland - gegen "Censorship" und "Political Correctness", Erscheinungen, die offenbar auch um die schwule "Subkultur" keinen Bogen schlagen.
Damian Schmidt


2 Einleitung

2.1 Zu dieser Arbeit

2.1.1 Thesen

Seit einhundert Jahren gibt es in Deutschland eine mehr oder minder organisierte "Schwulenbewegung", die als Identitaetsstifter und Sprachrohr der homosexuellen Minderheit dient. Es liegt die Vermutung nahe, dass sich im Laufe der Zeit spezifische kommunikative Strukturen der "subkulturellen" Verstaendigung mit eigenen Kommunikationsformen und Kommunikationsmitteln herausgebildet haben. Solche Strukturen aufzuspueren und ihre verschiedenen kommunikativen Dimensionen in ihrer Bedeutung fuer den "mundus homosexualis" im allgemeinen und fuer die heutige "Schwulenbewegung" im besonderen darzustellen, soll das Anliegen der vorliegenden Arbeit sein.

2.1.2 Theoretische Grundlegung

Die vorliegende Arbeit bewegt sich im theoretischen Rahmen einer "Ethnographie der Kommunikation"[5], in der Erkenntnisse aus Anthropologie, Soziologie, Linguistik, Sozialpsychologie und weiteren Wissenschaftsbereichen zusammengefuehrt werden. Ziel ist es, in einer umfassenden "Anthropologie der Kommunikation" Kommunikation als ein allgemeines und zentrales Phaenomen in Kultur und Gesellschaft deskriptiv zu erfassen.[6] Dabei baut die "Ethnographie der Kommunikation" auf den Grundlagen der der allgemeinen Voelkerkunde auf:

Es wird spaeter zu zeigen sein, dass sich die Gruppe der homosexuellen Maenner in unserer Gesellschaft als eine solche Gruppe definieren laesst, die "praegnante" Merkmale aufweist bzw. zugeschrieben bekommt. Nicht explizit auf die Kommunikation abzielende Ethnographien zur Lebensweise der homosexuellen Minderheit vor dem Hintergrund religioeser, strafrechtlicher und gesellschaftlicher Verfolgung liegen bereits seit laengerem vor.[9]
Innerhalb der "Ethnographie der Kommunikation" stehen verschiedene Forschungszweige nebeneinander, was sich schon aus ihrer interdisziplinaeren Genese ergibt. In dieser Arbeit werden spaeter mehrere Zweige implizit verfolgt, andere sollen hier kurz Erwaehnung finden.
Dell Hymes vertritt mit der von ihm auf Grundlage der Untersuchungen Leonard Bloomfields zur "speech community"[10] gepraegten "Soziolinguistik"[11] einen Ansatz, bei dem die gesprochene Sprache und ihre "Varietaeten" in sozialen Schichten im Vordergrund stehen. Nach der oben gegebenen Definition von "Ethnographie" laesst sich durchaus auch die "Subkultur" der Homosexuellen in eine solche Untersuchung einbeziehen: Ruediger Lautmann erwaehnt in seiner Abhandlung "Der Homosexuelle und sein Publikum" eine Verstaendigung mittels eines "argot", also einer Geheimsprache der Unterwelt,[12] merkt aber gleich an, "all dies [bestand] nur dann und wann, blieb zunaechst weitgehend geheim, besass lediglich in einigen Metropolen eine gewisse Kontinuitaet (Koeln, Paris, London)."[13] Jody Daniel Skinner arbeitete fuer seine Dissertation ueber "Bezeichnungen fuer das Homosexuelle im Deutschen" und fuehrt dabei auch viele Begriffe an, mit denen sich Schwule untereinander bezeichnet haben.[14] Juri Rescheto kommt in seiner aktuellen empirischen Untersuchung "Jugendsprachlicher Wortschatz im Deutschen", fuer die er sowohl heterosexuelle wie explizit homosexuelle Jugendliche befragt hat, bezueglich Bezeichnungen fuer schwule Personen zu dem vorlaeufigen Ergebnis, dass bei beiden Gruppen "keine signifikanten Unterschiede in Wortschatz und Wortwahl, sondern lediglich Unterschiede in der Redeintention" festzustellen sind.[15]
Hieran zeigt sich die Notwendigkeit einer "kommunikativen" gegenueber einer "extrakommunikativen" Betrachtungsweise: Die Analyse der kommunikativen Mittel allein ist nicht ausreichend, sie muessen vielmehr in ihrem jeweiligen situativen und kontextualen Zusammenhang betrachtet werden.[16]
Obwohl die Untersuchung sprachlicher Varietaeten moeglicherweise als Gradmesser fuer die erreichte bzw. von den Betroffenen wahrgenommene gesellschaftliche Akzeptanz herangezogen werden koennte, soll auf dieses Problemfeld in dieser Arbeit nur am Rande eingegangen werden.

Doch ist immerhin festzustellen, dass bereits Hymes davon ausging, dass bei den in der Soziolingusitik untersuchten "Sprechereignissen" auch aussersprachliche "Komponenten" mit zu beruecksichtigen seien, auch wenn er sie nicht als gleichwertige[17] Elemente ansieht:
Diese Unterteilung in die verschiedenen Komponenten wie etwa "Schauplatz" und "Teilnehmer" wird sich in der spaeteren Untersuchung wiederfinden, und zwar in den Abgrenzungen von "nonverbaler" Kommunikation, "Face-to-face-Kommunikation", "medial-direkter", "medial-versetzter" und "massenmedialer" Kommunikation.
Hymes' zuletzt angefuehrte Auffassungen werden in der "Interaktionalen Soziulinguistik" weitergefuehrt, die den Blick vor allem auf die Rolle paralinguistischer und nonverbaler Mittel der Kommunikation lenkt[19] und zugleich den Gedanken der "kommunikativen" Betrachtungsweise erneut unterstreicht:
Auf den hiermit angesprochenen Bereich der "Kinesics", der sich mit Kommunikation durch Gesten, Posen und Koerperhaltung beschaeftigt,[21] wird im Bereich semiotischer Analysen noch eingegangen werden: Dem Anschein nach existiert ein Inventar spezifischer vorsprachlicher Kommunikationsmittel mit grosser Bedeutung fuer das schwule Alltagsleben, und das nimmt nicht wunder, wenn man nur bedenkt, dass etwa beim Werben zweier Maenner umeinander andere, meist erheblich direktere Umgangsformen und Rituale etabliert sind als bei dem zwischen Mann und Frau.
Da sich die nachfolgende Untersuchung schliesslich auf das Aufspueren, Beschreiben und Deuten von kommunikativen "Strukturen" beziehen soll, die sich aus der Verwendung der einzelnen Kommunikationsmittel ergibt, ist der strukturalistische Ansatz einer "Ethnologie der Kommunikation" von Claude Lévi-Strauss[22] von besonderer Bedeutung. Sein Ansatz wird insgesamt als wegweisender Beitrag fuer die Herausbildung einer anthropologisch gepraegten Kommunikationstheorie gesehen, auch wenn er an manchen Stellen stark von einem informationstheoretischen "Transportmodell" von Kommunikation gepraegt ist[23]:
Fuer die Ethnographie schwuler "Subkultur" sind davon vor allem die Aspekte von Struktur, Prozess, Zeichen und Systemorganisation relevant; auch der Aspekt der Authentizitaet wird in der Analyse spaeter wieder aufgenommen werden.
Ziel dieser Arbeit muss es also sein, die verschiedenen "Elemente" oder "elementaren Prozesse" der angenommenen "subkulturellen Kommunikation" nachzuweisen und ihre Gesetzmaessigkeiten herauszuarbeiten, um sie schliesslich in den Systemzusammenhang der Organisation der "Schwulenbewegung" einordnen zu koennen.
Die bisherigen Ausfuehrungen bezogen sich groesstenteils auf die Kommunikation innerhalb der untersuchten Gruppe bzw. Gesellschaft. Hierzu merkt Lévi-Strauss zurecht an, dass "[a] society consists of individuals and groups which communicate with one another."[27] Im Hinblick auf die Kommunikation mit anderen Gesellschaftsteilen und auch mit anderen Gesellschaften ergaenzt Schmitz:
Bei der Kommunikation der Gruppe nach aussen, etwa im Falle einer auf Toleranz bzw. Akzeptanz zielenden Oeffentlichkeitsarbeit der "Schwulenbewegung", handelt es sich letzlich also um einen Vorgang interkultureller Kommunikation.[29]
Abschliessend kann mit Schmitz formuliert werden:
Als "Ethnographie der Kommunikation sollte die Ethnographie verstanden werden, die, sich der spezifischen Bedeutung ihrer jeweiligen Betrachtungsweise bewusst, auf eine Deskription von in kulturspezifischen Situationen stattfindenden Kommunikationsprozessen abzielt." [30]

2.1.3 Grenzen

Aufgabe dieser Arbeit ist somit das Erstellen einer "Ethnographie" der Schwulenbewegung als Teil der schwulen Untergruppe der Gesellschaft. Bei der Erstellung einer solchen "Ethnographie", die hier als Beobachtungsbericht durch einen teilnehmenden Beobachter definiert werden soll, stellt sich das Problem des "Beobachterparadoxons", indem die beobachtete Gruppe oder Teilgruppe durch den Beobachter beeinflusst wird. Darueber hinaus stellt jeder Beobachtungsbericht bereits eine Interpration der realen Ereignisse durch den Beobachter dar:

Soweit in dieser Arbeit eigene Erklaerungsansaetze vorkommen, sollen sie also entsprechend nachvollziehbar gemacht werden. Dazu sollen entweder Analogien angefuehrt werden, die sich ausserhalb der beschriebenen Gruppe abzeichnen, oder bestehende Ansaetze anderer Autoren zur theoretischen Absicherung herangezogen werden.
Schliesslich stellt sich die Frage der Abgrenzung der beobachteten Gruppe in raeumlicher, zeitlicher, personeller und situativer Hinsicht. Wie bereits im Vorwort angedeutet, beziehen sich die meisten in dieser Arbeit wiedergegebenen Beobachtungen, sofern sie regional gebunden sind, auf den Grossraum Ruhgebiet bzw. Nordrhein-Westfalen. Es ist durchaus nicht auszuschliessen, dass sich bei der Erstellung einer Ethnographie schwuler Kommunikation etwa in Berlin oder New York andere Ergebnisse zumindest im Hinblick auf die Face-to-face-Kommunikation abzeichnen wuerden, da eine andere Vielfalt oder Einengung von Begegnungsmoeglichkeiten vorliegt. Gerade der Vergleich verschiedener solcher Ethnographien wuerde letztlich interessante anthropologische Ergebnisse liefern koennen. In zeitlicher Hinsicht geben die Aufzeichungen den Stand 1997 wieder, allerdings wird zum Vergleich auch auf persoenliche Erfahrungen aus zurueckliegenden Jahren zurueckgegriffen. Personell besteht die "Schwulenbewegung" in Deutschland im engeren Sinne der aktiven Mitglieder, die die "Bewegung" nach innen wie nach aussen als Meinungsmulitplikatoren oeffentlich repraesentieren, aus einer ueberschaubaren Personengruppe von wenigen hundert Leuten. Hinzu kommen die ueber unzaehlige Vereine, Gruppen etc. mit der "Bewegung" verbundenen Schwulen. Doch ist davon auszugehen, dass auch dieser (schon nicht mehr ueberschaubare) Personenkreis als "laermende Minderheit" einer "schweigenden Mehrheit" homosexueller[32] Maenner in unserer Gesellschaft gegenuebersteht, was in von ausserhalb motivierten Untersuchungen oft nicht hinreichend beruecksichtigt wird.[33] Den situativen Aspekten wird bereits durch die Einteilung in die verschiedenen Kommunikationsarten Rechnung getragen.

2.2 Einfuehrung in das Thema

2.2.1 Zum Begriff der "Subkultur"

Das Thema dieser Arbeit setzt zweierlei voraus: Zum einen, dass es kommunikative Strukturen innerhalb einer schwulen Subkultur gibt, die von der politischen Schwulenbewegung genutzt werden. Zum anderen aber auch, dass ueberhaupt eine schwule Subkultur existiert. Aus verschiedenen Gruenden ist diese auf den ersten Blick einfache Fragestellung alles andere als einfach zu beantworten; und zum anderen schimmert hierin bereist ein Teil des Wettstreites zwischen dem emanzipatorischen und dem integrativen Ansatz schwuler Bewegungsarbeit hervor, auf den spaeter noch einzgehen sein wird.

Zur Differenzierung des Begriffes "Subkultur" bezogen auf die Situation der Homosexuellen in den siebziger Jahren haben Udo Hoffmueller und Stephan Neuer einen grundlegenden Beitrag geleistet.[35] Sie verweisen bereits auf einen Unterschied zwischen der soziologischen Begriffsverwendung und der Verwendung als Oberbegriff derjenigen Orte (Bars, Plaetze etc.), an denen sich zur damaligen Zeit homosexuelle Begegnungen vorrangig abspielten.[36]
Zwar spiegelt sich letztere Definition bis heute im Ausdruck "in die "Sub" gehen" wider, doch haben sich seitdem viele Parameter der damaligen Analyse ganz entscheidend geaendert
Zum einen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen schwulen Lebens mit der endgueltigen Aufhebung rechtlicher Beschraenkungen, dem weiteren Rueckzug des Staates aus dem privaten Leben, der zunehmenden Aufklaerung und Toleranz der Bevoelkerung bezueglich schwuler Lebensweise, die durch die Aids-Krise gefoerdert wurde, sowie eine staerkere Individualisierung durch voranschreitende Globalisierung, die im Konzept der "Multioptionsgesellschaft"[37] beschrieben wird.
Zum anderen ganz entscheidend das Selbstverstaendnis der Schwulen mit der Herausbildung einer eigenen "homosexualischen" und "schwulen" Identitaet, die einhergeht mit Selbststigmatisierung und zunehmender Einbringung des "Schwulseins" in viele Bereiche des alltaeglichen Lebens.
Schliesslich auch durch die festzustellende Wandlung der soziologischen Begrifflichkeit und der dahinterstehenden Konzepte, die von der "Subkultur" (Schwendter, Baake[38], Yinger[39]) ueber die "Kultur" (Ferchhoff[40]) und die "Szene" (Ferchhoff, Janke/Niehues[41]) zum aktuellen Schlagwort der "Lebensstil-Enklave"[42] hinfuehrt.

Einen historisch gepraegten "kurzen Abriss der Subkulturen" bis ca. 1970 gibt Rolf Schwendter.[43] Aus seinem "Exkurs 1: Die Arbeiterbewegung als Subkultur"[44] koennen folgende generelle Merkmale einer Subkultur abgeleitet werden:
Signifikant abweichende Normen: Solidaritaet, Willen zur grundsaetzlichen Veraenderung der bestehenden Verhaeltnisse, Selbstorganisation, abweichende Kleidung und Sprache, Streben nach sexueller Emanzipation, persoenliche Bindungen, Aktion, Rationalitaet, Kooperation, Ehrlichkeit, Kameradschaft, Internationalismus.
Selbstorganisation der Beduerfnisse: Konsumgenossenschaften, Bildungsvereine, Sex-Pol-Bewegung, Rote Hilfe, Zeltlager.
Gegenoeffentlichkeit: eigene Zeitungen, Buechereien, Illustrierte.
Gegenmillieu: Naturfreunde, Arbeitersportvereine, Jugendverbaende, Parteilokale.
Gegenoekonomie: eigene Betriebe (Arbeiter-Buchhandlungen).
Gegeninstitutionen: Parteien, Gewerkschaften, Rotfrontkaempferbund.
Da Schwule und mit ihnen der Teilbereich der Schwulenbewegung mit Bars, Saunen und Diskotheken, mit bestimmten aeusseren Erkennungszeichen, mit Selbsthifeeinrichtungen und Lobbyvereinen, mit Tagungshaeusern und Reiseveranstaltern, Zeitungen, Buechern und Zeitschriften, Sportvereinen und Buchlaeden usw. in allen von Schwendter angegebenen Bereichen vertreten sind, kommt man nicht umhin, einen eindeutigen subkulturellen Status festzustellen.
Auch die Definition jugenlicher Subkulturen scheint ohne weiteres auf den Weg vieler Schwuler zu einer eigenstaendigen schwulen Identitaet uebertragbar zu sein:
Auf der anderen Seite ist jedoch, nicht zuletzt aufgrund zunehmender Kommerzialisierung der subkulturellen Angebote, in den letzten Jahren eine immer staerkere Oeffnung der schwulen "Subkultur" zu beobachten, etwa indem in den Ankuendigungen der meisten Feten mittlerweile "nette Heten" ebenso willkommen geheissen werden wie Schwule und Lesben (Bisexuelle werden meist nicht explizit erwaehnt). Auf schwulen Feten gibt es bis auf wenige Ausnahmen nicht einmal die bei Discos sonst ueblichen Tuersteher: Man kommt also leichter auf eine schwule/schwul-lesbische Party als in eine heterosexuell dominierte Disco.[46] Die Partytermine werden ausserdem nicht nur in den schwulen Medien veroeffentlicht, sondern auch (bezogen auf das Ruhrgebiet) in Stadtmagazinen wie Prinz, Marabo, coolibri und seit einiger Zeit sogar in verschiedenen Ausgaben der WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Essen). Auch draengen immer mehr schwule Gruppen an die Oeffentlichkeit, was ebenfalls gegen eine subkulturelle Abgrenzung spricht. Ruediger Lautmann, Leiter der "Schwullesbischen Studien Bremen", analysiert entsprechend:
Dennoch verwendet auch Lautmann den Begriff der "Subkultur" in seinem Buch durchgaengig fuer den gesamten schwulen Lebensbereich - offenbar nimmt er keine eindeutige Begriffsabgrenzung vor.
Um dieses definitorische Problem zu loesen, soll hier mit einem erweiterten Konzept gearbeitet werden, wie es Milton M. Gordon vorschlaegt:[48]
Die heutige schwule "Szene" stellt eine "subsociety" dar, die sich einerseits mit anderen "Szenen" und "subsocieties" ueberlappt, die andererseits aber ueber eine eigene "subculture" als Infrastruktur verfuegt. Mit dieser Definion lassen sich die verschiedenen angefuehrten Ansaetze vereinen; wobei diese Arbeit sich nunmehr korrekt gesprochen mit der kommunikativen Infrastruktur der schwulen Subsociety beschaeftigen wird, die durch die Schwulenbewegung mit Identitaet und einem Teil ihrer Infrastruktur versorgt wird.

2.2.2 Zum Begriff der "Schwulenbewegung"

Die "Schwulenbewegung" in Deutschland ist aeusserst heterogen in ihrer sozio-demographischen Zusammensetzung (Herkunft, Alter, Schicht, Ausildung, Beruf etc.) und in ihrer Zielformulierung ("schwule Ehe jetzt" gegen "patriarchalische Institution Ehe ganz abschaffen"); spricht man von einer gemeinsamen "Lesben- und Schwulenbewegung", spricht man letztlich sogar von einem staendigen Kampf: Zu gering ist offenbar die Gemeinsamkeit des empfundenen sozialen "Stigmas" der Homosexualitaet, zu verschieden die Ansichten der radikalen emanzipatorischen und feministischen Ansaetze gegenueber integrativen Ansaetzen der Bewegung.
Diese Zustandsbeschreibung gilt nicht etwa nur fuer die neuere Schwulenbewegung, die 1969 in der Folge der "Stonewall Riots" in New York, der sexuellen Befreiung nach Woodstock und der Studentenunruhen in Deutschland entstand und schon 1974 mit dem Berliner "Tuntenstreit"[49] ihrem vorzeitigen Ende nahe war, sondern sie gilt bereits fuer die Zeit der ersten schwulen Emanzipationsbewegung, wo sich Anfang des Jahrhunderts die Mitglieder des progressiven "Wissenschaftlich-Humanitaeren Komitees" (WhK) mit den Angehoerigen der auf Maennlichkeit erpichten, 1903 abgespaltenen Gegenorganisation der "Gemeinschaft der Eigenen" (GdE) und des "Bundes fuer Menschenrechte" (BfM) darum zankten, wer mehr fuer die Toleranz gegenueber Homosexuellen im Gesetz und in der Gesellschaft leisten koenne, obwohl alle drei Organisationen in einem gemeinsamen Aktionskomitee zusammengeschlossen waren.[50]
"Glueck steht gegen Entfremdung und Depersonalisierung in funktionsgerechten Systemen - es ist das, worauf Emanzipation zielt"[51], aber es ist nicht zu uebersehen, dass auch die Emanzipation selbst zur Entfremdung beitragen kann, wenn man sich nur noch ueber einen Teilbereich seiner Identitaet, naemlich die Homosexualitaet, definiert, und diese zur Grundlage einer Gegenkultur zu machen versucht. Lautmann geht sehr differenziert auf diese Problematik ein:

Des Raetsels Loesung mag inhaltlich richtig sein, aber der Streit um die verschiedenen Positionen bleibt bis heute genauso kontrovers und aktuell, wie er sich 1983 darstellt:
Dies wuerde aber bedeuten, dass die Schwulenbewegung sich zu einer politischen Partei entwickeln oder anderweitig konkreten Einfluss auf die gesamtgesellschaftlichen Prozesse nehmen muesste, etwa in der Beschaeftigung mit der gegenwaertigen Arbeitslosenproblematik. Doch wollen die Funktionaere der Schwulenbewegung ihre angestammten Posten und Aufgabenfelder ungern verlassen:
Der Schwulenverband in Deutschland (SVD) betreibt heute tatsaechlich "Stellvertreterpolitik" in Form einer "Faxgeraetelobby", das Ziel ist "Konsenswerbung" statt "Abwehrkampf".[55] Doch bei einer Gesamtzahl von gerade knapp ueber tausend Mitgliedern ist dieser Stellvertretungsanspruch sehr fragwuerdig.
Es ist damit eines der Grundprobleme schwuler Bewegung angesprochen, dass naemlich die Schwulenbewegung eine Minderheit in der Minderheit ist:
Das andere Grundproblem ist die Existenz als Minderheit an sich. Denn auch wenn die Schwulenbewegung in Deutschland etwa zeitgleich mit den organisierten Arbeiterbewegungen und der Frauenbewegung am Ende des letzen Jahrhunderts entstanden ist, so war doch immer ein gravierender Unterschied festzustellen: Die Bewegung einer Minderheit kann nie eine Massenbewegung sein, selbst wenn sie einen hohen Organisationsgrad aufwiese. Die Frauenbewegung vertritt etwa die Haelfte der Bevoelkerung, auch wenn viele Frauen ihre historisch ueberlieferte "Rolle" in der patriarchalischen "Versorgungsehe" bis heute durchaus nicht ablehnen. Die Arbeiterbewegung vertrat (bevor das Dilemma der Gewerkschaften begann) den weitaus groessten Teil der arbeitenden Bevoelkerung, keinesfalls also eine Minderheit:
Schliesslich bleibt bis heute die Frage unbeantwortet, ob - und wenn ja, wann - sich die Schwulenbewegung insgesamt als ueberfluessig erweisen koennte. Die Nudistenvereinigungen geben hierfuer ein Beispiel:
Auf der anderen Seite stehen auch heute noch Neugruendungen von Emanzipationsvereinigungen. Ein Beispiel:
Ein Ende der verschiedenen dargestellten Diskussionsstraenge ist auch hier nicht zu erwarten; und fuer diese Arbeit ist es auch letztlich nicht entscheidend, welche konkreten Ziele die Schwulenbewegung und die verschiedenen Teilgruppen der Schwulenbewegung formulieren, sondern auf welche kommunikative Weise diese Zielbildung und Zielvermittlung zustandekommt.

2.2.3 Entwicklung schwuler Bewegungsstrukturen

2.2.3.1 Vorgeschichte

Im klassischen Altertum[60] war Homo- und Bisexualitaet eine ueberall verbreitete und tolerierte sexuelle Praxis. Die Durchsetzung eines christlich gepraegten, allein auf die Fortpflanzung bezogenen Sexualverstaendnisses, das sich von alters her mit im Krieg geborenen Begriffen wie "Volkskraft" und "Volksgesundheit" paarte, brachte die Minderheit der Homosexuellen ueberhaupt erst hervor. Im Jahre 326 erklaerte schliesslich der zum christlichen Glauben konvertierte roemische Kaiser Konstantin Homosexualitaet erstmals zum Verbrechen.
Unter den Begriff der "Sodomie" gefasst, ging Homosexualitaet 1532 auch in das erste deutsche Reichsstrafgesetzbuch, die "Peinliche Halsgerichtsordnung" Kaiser Karls V. ein.
Allmaehlich gewann die Aufklaerung an Einfluss auch auf die Gesetzgebung, wie sich erstmals in einem 1764 in einem Gesetzeskommentar zeigt: Homosexualitaet gelte nicht als Verbrechen, "weil es niemandem das Seinige entzieht und nicht aus betruegerischem, boshaften Herzen entspringt, noch die buergerliche Ordnung zerruettet." Entsprechend legalisierte der "Code Napoléon" der Franzoesichen Revolution 1810 die Homosexualitaet erstmals ausdruecklich, und in den deutschen Laendern ging Bayern 1813 von der Todesstrafe unmittelbar zur voelligen Straflosigkeit ueber. Dem folgten Wuertemberg 1839, Braunschweig und Hannover 1840; andere Laender reduzierten das Strafmass deutlich und machten es von der Erregung oeffentlichen Aergernisses abhaengig.
Schon bald darauf verfiel die Aufklaerung jedoch auf den Begriff des "Naturgesetzes"[61], der erneut die Fortpflanzungssexualitaet als Normalfall propagierte. Nun wurde die Homosexualitaet allerdings nicht mehr als Suende, sondern als koerperliche bzw. geistige Krankheit angesehen; und im Namen der Medizin wurden verschiedene, zum Teil grausame, aber letzlich immer erfolglose Versuche einer "Heilung" unternommen. Obwohl Homosexualitaet also als Krankheit angesehen wurde, kam es zu einer Verschaerfung der Sittengesetze, mit denen schliesslich jegliche Form ausserehelicher Sexualitaet sanktioniert wurde.
In seiner 1864 veroeffentlichten Schrift "Vindex. Social-juristische Studien ueber mannmaennliche Geschlechtsliebe" forderte der selbst homosexuelle Jurist und Privatgelehrte Dr. Karl Heinrich Ulrich erstmals die Homosexuellen auf, sich zu organisieren und fuer ihre Buergerrechte zu kaempfen.

2.2.3.2 Die Epoche der Strafbarkeit - Das Wilhelminische Reich

Mit der Einfuehrung des einheitlichen Reichsstrafgesetzbuches[62] 1871 wurde mit dem Paragraphen 175 RStGB in vielen der Deutschen Laender die "homosexuelle Unzucht" zwischen Maennern wieder zum Straftatbestand.
In den folgenden Jahren sahen sich homosexuelle Maenner daher zunaechst gezwungen, sich in einer eigens etablierten und sich staendig wandelnden Subkultur zu treffen, um den Uebergriffen der Schutzpolizei in der Oeffentlichkeit so gut wie moeglich zu entgehen; Anonymitaet und Dunkelheit sowie schnelles Kommen und Gehen war fuer die Orte der Subkultur, wie oeffentliche Beduerfnisanstalten, Parks, eine wichtige Voraussetzung.[63] Fuer viele, die sich in dieser Zeit ihrer Homosexualitaet bewusst wurden, stellte sich nur die Alternative zwischen Selbstmord und Subkultur. Hatten sie sich fuer die Subkultur entschieden, setzten ihnen oft "Rupfer" und "Chanteure" zu, die als Erpresser vor dem Hintergrund der geltenden Strafgesetzgebung kaum behindert ihr Geld verdienten.
Abgesehen von dieser Subkultur spielte sich das Leben der Homosexuellen in privaten Zirkeln ab, die ein Gefuehl sozialer Sicherheit vermittelten. Politische Gespraeche wurden vermieden, weil damit die feindlichen Umwelt in das selbstgeschaffene, aber immer instabile Idyll eingebrochen waere. Eine organisierte Vertretung der eigenen sozialen und politischen Interessen fand vor diesem Hintergrund der Geheimhaltung und Verdraengung auch nach den Aufrufen Karl Heinrich Ulrichs nicht statt.
In der preussischen Weltstadt Berlin gab es allerdings bereits um die Jahrhundertwende sogenannte "Urningbaelle"[64] mit bis zu tausend, zum Teil schrill kostuemierten Besuchern. Das Verbot des gemeinsamen Tanzens zweier Maenner wurde stillschweigend ausser Kraft gesetzt, allerdings standen die Spektakel unter Beobachtung von Geheimpolizisten, die dafuer zu sorgen hatten, dass nichts "Unschickliches" passierte.
Als weitere Moeglichkeit der Kontaktaufnahme dienten eindeutig-zweideutig formulierte Zeitungsannoncen.
Erst die am 15. Mai 1897 durch den Arzt und spaeteren Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld in Berlin-Charlottenburg unter dem Motto "weder Krankheit noch Verbrechen" vorgenommene Gruendung des "Wissenschaftlich-humanitaeren Komitees" (WhK) aenderte etwas an dieser entpolitisierten Situation: Die Gruendung des WhK gilt weltweit als Geburtsstunde einer ersten "Schwulenbewegung". Bis 1905 wuchs das WhK auf einen Mitgliederstamm von 408 Personen an, die sich entsprechend der Satzung ueberwiegend aus naturwissenschaftlichen und juristischen Akademikern rekrutierten.
In einer Zeit, in der das Phaenomen "Homosexualitaet" von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen mit unterschiedlichen Ergebnissen beschrieben und analysiert wurde, leistete Hirschfeld mit seinen Untersuchungen an dem von ihm 1919 ebenfalls in Berlin gegruendeten "Institut fuer Sexualwissenschaft"[65] damals einen entscheidenden systematischen Beitrag gegen eine Pathologisierung der Homosexualitaet in Deutschland: Es wurde erstmals dargestellt, dass es sich bei Homosexualitaet weder um eine physische noch um eine psychische Erkrankung handelte.
Primaer richtete sich der Kampf jedoch auf eine Abschaffung des Paragraphen 175. Immer wieder schwenkte die oeffentliche Meinung um, wenn man sich dem Ziel einer Liberalisierung des Strafrechts gerade besonders nahe sah: Verschiedene Affaeren in den hoechsten politischen Kreisen und die damit einhergehende politische Instrumentalisierung der Homosexualitaet machten die Bemuehungen immer wieder zunichte. Militante Stroemungen innerhalb der homosexuellen Buergerrechtsbewegung forderte daher, endlich den "Weg ueber Leichen" zu gehen und hochgestellte Persoenlichkeiten zu "outen"[66].
Hirschfeld und das WhK hingegen gingen weiter den Weg wissenschaftlicher Aufarbeitung und unermuedlicher Aufklaerungsarbeit. "Broschueren und Aufklaerungsschriften wurden zu Hunderttausenden an die Presse, an saemtliche deutsche Justizministereien, Staatsanwaelte, Richter, Anwaltskammern, Rechtsanwaelte, Aerzte, Universitaetsprofessoren", Geistliche und Lehrer verschickt. Doch vor einer Abstimmung ueber das neue Strafrecht verlor Deutschland den Ersten Weltkrieg, die politische Situation aenderte sich voellig.

2.2.3.3 Die Epoche der Freizuegigkeit - Die Weimarer Republik

In dem gesellschaftlich liberalen Klima, das sich in den zwanziger Jahren durch die neuen Rahmenbedingungen der Weimarer Republik entstand,[67] entwickelte sich in den Metropolen und Grossstaedten eine relativ offene homosexuelle Szene und sogenannte "Freundschaftsvereine". In Berlin hielten auch viele namhafte Kuenstlerinnen und Kuenstler, darunter Marlene Dietrich, sowie Geschaeftsleute und Politiker ihre Neigungen nicht verborgen, sondern lebten sie offen, zuweilen drastisch aus.
Der homosexuelle "Bund fuer Menschenrechte" (BfM) gab die Verbandszeitung "Blaetter fuer Menschenrecht" heraus, erste homosexuelle Zeitschriften wie die "Freundesliebe" in Berlin waren an Kiosken frei kaeuflich und veroeffentlichten unter anderem Kontaktanzeigen; eine Fuelle von homosexuellen Tanzlokale und -veranstaltungen wurden ueberall im Land ins Leben gerufen, homosexuelle Romane veroeffentlicht.
Auch ein ganz neues Medium wurde fuer die Bewegung genutzt: Richard Oswald drehte 1919 den ersten Film mit homosexueller Thematik, "Anders als die Anderen", der zwar nur sehnsuechtige Blicke zeigte, aber dennoch wegen "Verherrlichung der Homosexualitaet" angegriffen wurde und letztlich wohl zur Wiedereinfuehrung der Zensur in die Verfassung beitrug.
Die drei grossen Verbaende, WhK, BfM und GdE, schlossen sich 1923 zusammen, um gemeinsam gegen die Abschaffung des Pragraphen 175 zu kaempfen. Der BfM verfuegte bald ueber eine breite Mitgliederbasis in der Bevoelkerung, auch Ernst Roehm, der spaetere SA-Chef, war Mitglied des BfM. Doch schon bald scheiterte dieses Buendnis am ersten "Tuntenstreit" der Schwulenbewegung und zerbrach trotz des gemeinsamen Ziels.
Und noch ganz andere Ereignisse werfen ihren Schatten voraus: Hirschfeld wird zunehmend mit antijuedischen Parolen angegriffen, das Strafrecht im Bezug auf die Homosexualitaet mit einer voelkischen Begruendung nicht liberalisiert, sondern verschaerft: die "generative Volkskraft" muesse unter allen Umstaenden erhalten werden.

2.2.3.4 Die Epoche der Vernichtung - Das Dritte Reich

Zunaechst duldete Hitler sogar offen schwule Schergen in seinem Fuehrungskader.[68] Doch in der Folge des zweiten sogenannten "Roehm-Putsches" wurde gegen maennliche Homosexuelle als "Rassenschaender" und "Staatsfeinde" politisiert, was vor allem Roehm selber schaden sollte. Der Par. 175 RStGB wurde durch den Par. 175a RStGB ergaenzt und verschaerft; nun konnte jeder verhaftet werden, der nur in den Verdacht geriet, homosexuell veranlagt zu sein, selbst wenn er nie homosexuelle Handlungen ausgefuehrt hatte.
In den folgenden Jahren wurden Homosexuelle durch das allgemeine System der Gestapo-Spitzel und mit der Hilfe zahlreicher Denunzianten systematisch erfasst. 1933 wurde das Institut fuer Sexualforschung durch die Nazis zerstoert,[69] eine Verhaftungswelle und ab 1936 auch grossangelegte Razzien setzten ein.
Erfasste Homosexuelle wurden "behandelt", mit chemischen und physikalischen Verfahren, mit Kastration und Zwangssterilisation. Spaeter wurden - die genauen Zahlen sind nicht zu rekonstruieren - vermutlich mehr als zehntausend Homosexuelle auch in Konzantrationslager verbracht. Dort erhielt ihre Kleidung den "Rosa Winkel", der sie in die unterste aller Haeftlingskategorien einstufte.[70]
Homosexuelle Treffpunkte gab es nicht mehr, Kontakte wurden aeusserst vorsichtig gepflegt, Adress- und Notizbuecher vorsorglich vernichtet. Die Homosexuellenbewegung hatte - nur wenige Jahre, nachdem sie wohl auf ueber einhunderttausend Mitglieder angewachsen war - aufgehoert zu existieren.

2.2.3.5 Die Epoche der Repression - Die Adenauer-Aera

Auch nach dem Krieg blieb der unter den Nazis als Paragraph 175a StGB verschaerfte "Homosexuellenparagraph" in der Bundesrepublik unveraendert in Kraft.[71]
Die Anbahnung schwuler Sexualkontakte fand natuerlich dennoch immer statt. Als bevorzugte Moeglichkeit hatten sich wiederum oeffentliche Beduerfnisanstalten erwiesen,[72] in denen man mit entbloesstem Glied vor der Urinierrinne stand, bis ein anderer Mann nach langem Ritual, das schon vor der Beduerfnisanstalt mit Blickkontakten begonnen haben konnte, eventuell Kontakt aufnahm. Der Sexualkontakt fand dann entweder vor Ort in den Toilettenkabinen oder in einer Privatwohnung statt. Doch auch diese Form bot keine Sicherheit: Polizeispitzel warben selbst um andere Maenner, um sie dann zu ueberfuehren, oder lauerten hinter halbdurchlaessigen Spiegeln. Insgesamt wurden in der Adenauer-Aera mehr Verhaftungen "nach 175" durchgefuehrt als unter der Nazi-Diktatur.

1969 wurde Paragraph 175a StGB schliesslich von der neune Regierung unter Bundeskanzler Brandt reformiert, aber erst mit dem 4. Strafrechtsreform-Gesetz[74] vom 23.11.1973 wurde Paragraph 175a StGB endgueltig abgeschafft und der Par. 175 StGB insoweit abgemildert, dass der homsexuelle Kontakt zwischen zwei erwachsenen Maennern ueber 18 Jahren straffrei wurde.

2.2.3.6 Die Epoche des Kampfes - Stonewall, Studentenunruhen und Flower-Power

Auch wenn es einige versteckte Ansaetze bereits vorher gab, so war es doch erst nach der Gesetzesnovelle von 1969 ueberhaupt wieder moeglich, dass sich Homosexuelle offen zu Gruppen und Organisationen zusammenschlossen.
Zu den weiteren Anstoessen der neueren Schwulenbewegung gehoerten die Studentenrevolte von 1968, die unter anderem auch die freie Liebe propagierte, und die "Stonewall Riots", die 1969 in den USA in die Geschichte eingingen.[75]
Die "Stonewall Riots", in deren Gedenken alljaehrlich die "Christopher Street Days" und "Pride Marches" durchgefuehrt werden, gelten als Geburtsstunde der internationalen Schwulenbewegung.

2.2.3.7 Die Epoche der Agitation - Eine Bewegung entwickelt neue Strukturen

In der Bundesrepublik entstand in den siebziger Jahren (vornehmlich in den groesseren Staedten) eine neue, mehr oder weniger offen zugaengliche schwule Subkultur mit Treffs, Buchlaeden, Kneipen, Selbsthilfe-, Theater- und Filmgruppen. Diese Subkultur war raeumlich, personell und damit oft genug auch ideologisch einem linken, oft studentischen und anarchistischen Umfeld zuzurechnen.
Die direkte, personale Kommunikation in den Treffs stand im Vordergrund, und es ist aeusserst schwer, hier eine Trennlinie zwischen Selbsthilfegruppe, Partnerwahl und politischer Aktion zu ziehen: Wichtig war es vor allem, im Gespraech mit anderen ein eigenes Selbstwertgefuehl zu entwickeln. Hatte man dieses erst erreicht, konnte man auch nach aussen hin fordernd und provokant auftreten.[76]

2.2.3.8 Die Epoche der Liberalisierung - Die Abschaffung des Par. 175 StGB

In den achtziger Jahren stieg der Organisationsgrad der schwulen Bewegung deutlich an, die Arbeit wurde politischer. Aber die Republik befand sich ohnehin im Umbruch, etwa durch die aufkommende Anti-AKW-Bewegung.[77] Es gruendete sich schliesslich der "Bundesverband Homosexualitaet e.V." (BVH) in Berlin als Dachorganisation der vielen lokalen Schwulengruppen. Durch die eintretende Vernetzung und den zunehmenden Informations- und Erfahrungsaustausch hatte die politische Schwulenbewegung nun eine erstmals eine uebergreifende Struktur, die sie fuer ihren Kampf gegen die ihnen feindliche Gesellschaftsordnung ruestete. Doch die AIDS-Krise gefaehrdete diese gerade zusammengewachsenen Strukturen:

Die meisten deutschen Aids-Hilfen wurden etwa zeitgleich mit dem BVH gegruendet. Diese Selbsthilfevereine, die damals in den meisten Faellen ueberwiegend von Schwulen ins Leben gerufen wurden, erhielten im Gegensatz zum BVH groessere finanzielle Unterstuetzung von staatlicher Seite. Die Coming-out-Beratung wurde im Rahmen der allgemeinen Aids-Praeventionsarbeit professionalisiert, weil ein selbstbewusster, informierter Schwuler ein statistisch erheblich geringeres Risiko hatte, sich mit HIV zu infizieren. Durch die immer reichhaltiger werdenden Beratungs- und Freizeitangebote der Aids-Hilfen wurden den im BVH organisierten Basisgruppen zunehmend Mitglieder entzogen. BVH-interne Fluegelkaempfe ueber einzelne politische Fragen minderten die Attraktivitaet des Vereins zusaetzlich.
Dass der Paragraph 175 schliesslich ohne weitere oeffentliche Debatte abgeschafft wurde, ist eine Folge der Wiedervereinigung, kein (direkter) Verdienst der Schwulenbewegung. In der niedergehenden Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde die Aids-Praevention ueberwiegend von staatlicher Seite betrieben, und das hatte einerseits die ueberraschende Aenderung des Sexualstrafrechts 1988 zur Folge, zum anderen eine staatlich initiierte und im Staatsfernsehen der DDR ausgestrahlte Aufklaerungskampagne zur Homosexualitaet. Im Einigungsvertrag der beiden Deutschen Staaten wurde die liberale Regelung uebernommen, also die Schutzaltergrenze fuer heterosexuelle und homosexuelle Kontakte angepasst.[79]
Nach der Deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1989 entstand durch die Fusion des ostdeutschen Pendants, des "Schwulenverbandes fuer Deutschland e.V." (SVD), mit den mittlerweile vom BVH abgespalteten Gruppen ein politisches Gegengewicht zum BVH.
Der diskriminierende Paragraph 175 wurde im Jahre 1994 endgueltig gestrichen.

2.2.3.9 Die schwulen 90er Jahre - Multioptionalitaet

Von den Medien werden - zur spaeten Mitte des Jahrzehnts - die schwulen 90er Jahre ausgerufen:

Es ist tatsaechlich eine immer staerker hedonistisch orientierte "Szene" zu beobachten, die sich - wie in der liberalen Zeit der Weimarer Republik - nicht gross um Politk schert, sondern sich uebermuetig ins Leben stuerzt.
Braucht man in einer solchen Situation ueberhaupt noch eine Schwulenbewegung?
Doch geht einem nicht manche geschichtliche Parallele durch den Kopf: Massenarbeitslosigkeit? Orientierungslosigkeit? Politikverdrossenheit? ...


3 Beschreibung und Analyse
der gegenwaertigen Situation


3.1 Nonverbale Kommunikation

3.1.1 Definition

Die nonverbale, also nichtsprachliche Kommunikation umfasst alle bewusst oder unbewusst ausgesandten Signale, die in einer Interaktion zur Verhaltensabstimmung oder -beeinflussung anderer Personen eingesetzt oder entsprechend aufgefasst werden koennen. Darunter fallen prosodische (stimmliche, aber nicht sprachliche) Merkmale, paralingusitische (Gesten, Blicke, Laecheln), welche die muendliche Rede einleiten, begleiten, steuern, beenden oder ersetzen koennen und zu denen auch das Arsenal der Kinethics (Koerpersprache) und Proxemic (Distanzregeln) hinzuzurechnen ist; ausserdem verweisende (indexikalische) oder abbildhafte Zeichen (Ikone) sowie abstrakte Zeichen (Symbole), die ihre Bedeutung nur durch entsprechende Konvention innerhalb der spezifischen Interaktionsgemeinschaft erhalten.[84]
Die meisten der genannten nonverbalen Kommunikationsmittel werden in der Face-to-face-Kommunikation wahrgenommen, doch koennen etwa prosodische Signale auch am Telefon eingesetzt und interpretiert werden, Gesten auch in medialer Vermittlung wie im Fernsehen. Daher soll der Bereich der nonverbalen Kommunikation zunaechst gesondert dargestellt werden.

3.1.2 Erkennungszeichen

Durch die Jahre und Jahrzehnte hinweg wurden immer wieder spezifische Erkennungszeichen unter Schwulen konventionalisiert, doch als verlaessliches Unterscheidungsmerkmal konnten die meistens nur relativ kurze Zeit gelten. Die Zeichenentwicklung war dabei stets gepraegt von zwei gegensaetzlichen Polen: Einerseits benoetigte man Zeichen, um sich den Mitgliedern der eigenen subkulturellen Gruppe - etwa in Parks, Cafés oder an anderen Treffpunkten - zu erkennen zu geben und so aus der persoenlichen Isolation auszubrechen, andererseits stellten die verwendeten Zeichen immer auch einen Anhaltspunkt fuer Verfolgungen und taetliche Uebergriffe dar, so dass sie oftmals sehr subtil ausgefallen sind. Heute ist man beinahe veraergert, dass infolge schnellebiger Moden[85], medialer Vermarktung und der resultierenden Entwertung der Zeichen[86] und der gerade in den schwulen Szenen beheimateten Trendscouts[87] kein aeusseres Merkmal lange als abgrenzendes und damit identitaetsstiftendes Zeichen Bestand hat.
In der Zeit nach 1970 gab es unter anderem folgende Zeichen: Feminine, hueftbetonte Kleidung; feine College-Klamotten; weisse Jeanshosen; Lederkluft; lange Haare, die oft zum Zopf gebunden waren; spaeter kuerzere gefaerbe und gefoente Haare (noch heute ist der Begriff von der "Foenhusche" fuer einen etwas kuenstlich erscheinenden Menschen gebraeuchlich), dann ganz besonders kurze Haare ("crew cut"); auffaellige Koteletten; karierte Hemden, die durch ihre Farben zum Teil sogar die jeweiligen sexuellen Vorlieben zeigten;[88] den beruehmten Ohrring oder Brillianten im rechten Ohr, der in Grossbritannien immer links getragen wurde, in den USA aber wieder rechts, und der spaetestens seit der deutschen Wiedervereinigung aufgrund unterschiedlicher Zeichenkonventionen keinen verlaesslichen Anhaltspunkt mehr bietet.
Mit der zunehmenden Emanzipation und der Identitaetsstiftung durch die "Gay-Pride"-Bewegung, die durch die Aids-Hilfen zusaetzlich unterstuetzt wurde, kamen zu Beginn der 80er Jahre auch Zeichen auf, die neben der Innenwirkung bewusst auch eine Aussenwirkung aufbauten. In einer 1983 zusammengestellten Beschreibung von 16 "Studententypen" findet sich nun auch der "Gay Libber" (von engl.: liberty):

In einer kurzen Geschichte dieser Zeichen lassen sich nennen der "Rosa Winkel", die wenig durchgesetzten Zeichen "Lambda" (wohl fuer Liberty) und der "Schmetterling",[90] die "Regenbogenflagge", das "Red Ribbon". Ebenfalls zwischen Innen- und Aussenwirkung liegt der in Bochum etablierte Brauch, das Autokennzeichen BO-YS als Erkennungsmerkmal zu nutzen,[91] in anderen Staedten kann man etwa XX-AH (fuer Aids-Hilfe) als entsprechenden Hinweis lesen.

3.1.3 Der "schwule Blick"

"Der Blick ist eines der haeufigsten und wirksamsten nonverbalen Signale",[92] und der Blick wird sogar "als die herausragendste aller menschlichen Verhaltensagenturen"[93] gesehen. "Die visuelle Balance (wer wen wann und wie oft ansieht) wird bestimmt von Geschlecht, Status, Vertrautheit der Partner und Natur der Interaktion."[94] Sowohl ein Zuviel wie auch ein Zuwenig an Blickzuwendung wirkt irritierend auf die Interaktionsbeteiligten.[95] Unangemessen langes Anblicken einer Person wird als Aggressionssignal gedeutet,[96] und in der fluechtigen Begegnung mit Fremden wird der Blickkontakt im Normalfall spaetestens an der Grenze einer durch Proxemic definierten "sozialen Zone" abgewendet.[97]
Der "schwule Blick" durchbricht dieses allgemeingueltige Verhaltensritual, indem hier der Blickkontakt fuer den Bruchteil einer Sekunde laenger aufrechterhalten wird. Tut das Gegenueber dasselbe, wodurch es ebenfalls gegen das normierte Ritual verstoesst, ist der Moment gegenseitigen Erkennens gegeben, man hat sich "ertappt". Loest es jedoch dem Ritual folgend den Blickkontakt seinerseits rechtzeitig, wird es die Blickverlaengerung der Gegenseite nur in Ausnahmefaellen ueberhaupt bemerken, was dann allerdings tatsaechlich zu einer zumindest verbalen Aggression fuehren kann.[98]
Dieser "schwule Blick" ist wohl tatsaechlich das aelteste schwule Erkennungszeichen ueberhaupt.[99] Es ist ohne weitere Untersuchung schwer zu sagen, ob es gelerntes oder eine Art phylogenetisch weitergegebenes Verhalten ist. Sicher ist, dass man es auch dann als Erkennungszeichen entdecken kann, wenn man nicht zuvor von anderen darauf hingewiesen wurde, und es dann auch ganz bewusst und durchaus erfolgreich zur Kommunikation einsetzen kann.
Schon Goffmann wies auf die Moeglichkeit der Blickkommunikation in stigmatisierten Gruppen hin, wobei er als erstes das Beispiel der Homosexuellen anfuehrt:

Es handelt sich beim "schwulen Blick" jedoch nicht primaer um einen "Flirt", wie er ja auch zwischen Mann und Frau durch Blicke eingeleitet wird, sondern zunaechst um gegenseitige Wahrnehmung als Angehoeriger der gleichen stigmatisierten Gruppe:
Ein aus dieser gegenseitigen sozialen Wahrnehmung resultierender Flirt oder auch ein "fachsimpelndes" Gespraech, das sich je nach Situation ergeben kann, sind natuerlich nicht ausgeschlossen.

3.1.4 Taschentuchcodes

Innerhalb der Szenen gab und gibt es noch immer ein System ausdifferenzierter Codes, vor allem die sogenannten "Taschentuchcodes", "Halstuchcodes" bzw. "Hanky Codes" (von engl.: hankie/hanky, familiaer fuer handkerchieve):

Abb. 1: Schwule Taschentuchcodes (Hanky Codes) 1
Worn on LeftCOLOURWorn on Right
heavy SM topBLACKheavy SM bottom
bondage topGREYfit to be tied!
wants headLT BLUEcock sucker
69erROBIN'S EGG BLUEanything but 69ing
copMEDIUM BLUEcopsucker
fuckerNAVY BLUEfuckee
pilot/flight attendant AIR FORCE BLUElikes flyboys
sailorLT BLUE/WHITE STRIPElookin' for salty seamen
cock & ball torturerTEAL BLUEcock & ball torturee
fist fuckerREDfist fuckee
cutsMAROONbleeds
2-handed fisterDARK RED2-handed fistee
dildo fuckerLIGHT PINKdildo fuckee
tit torturerDARK PINKtit torturee
into navel worshippersMAUVEhas a navel fetish
suck my pitsMAGENTAarmpit freak
piercerPURPLEpiercee
likes drag queensLAVENDERdrag queen
pisser/WSYELLOWpiss freak
spitsPALE YELLOWdrool crazy
hung 8" or moreMUSTARDwants a big one
two looking for oneGOLDone looking for two
anything anytimeORANGEnothing now (cruising)
two tons o' funAPRICOTchubby chaser
suck my toesCORALshrimper
a cowboyRUSThis horse
spankerFUSCHIAspankee
hustler (for rent) KELLY GREENjohn (looking to buy)
daddyHUNTER GREENboy (may or may not have daddy)
military topOLIVE DRABmilitary bottom
dines off tricks (food) LIME GREENdinner plate
rimmerBEIGErimmee
scat topBROWNscat bottom
uncutBROWN LACElikes uncut
cutBROWN SATINlikes cut
latex fetish topCHARCOALlatex fetish bottom
actually owns a suitGREY FLANNELlikes men in suits
beat my meatWHITEI'll do us both
cums in scum bagsCREAMsucks it out
Quelle: http://www.rainbow.net.au/~alleykat/HANKYCODES.html

Die Tuecher spielen allerdings explizit nur in Zusammenhaengen eine Rolle, in denen es um eindeutige sexuelle Absichten geht. Hierzu zaehlen bis heute bestimmte Bars und Feten und auch der Bereich derjenigen Kontaktanzeigen, die auf Sex ausgerichtet sind. Hier werden die verschiedenen Vorlieben entweder in konventionalisierten Abkuerzungen oder in den Tuchfarben angegeben.
Wie aus den codierten Praktiken (vgl. Abbildungen 1 und 2) bereits ersichtlich wird, beziehen sich die Farben neben den gaengigen Sexualpraktiken vor allem auf die vielen Einzelaspekte aus dem Bereich des S/M-(Sado-Maso)-Sex. Die Zeichen und Symbole der S/M-Gemeinschaft, in der auch schwarze Lederkleidung und das Piercing von Ohren und Brustwarzen ihren Ursprung nahmen, werden als "integraler Bestandteil des schwulen Lebens nach Stonewall"[103] gewertet.

Abb. 2: Schwule Taschentuchcodes (Hanky Codes) 2
Worn on LeftCOLOURWorn on Right
safe sex topBLACK/WHITE CHECKsafe sex bottom
safe fisting topRED/WHITE CHECKsafe fisting bottom
shaverRED/WHITE STRIPEshavee
furry bearRED/BLACK STRIPElikes bears
likes white bottomsWHITE LACElikes white tops
likes black bottomsBLACK/WHITE STRIPElikes black tops
likes latino bottomsBROWN/WHITE STRIPElikes latino tops
likes asian bottomsYELLOW/WHITE STRIPElikes asian tops
likes white suckersLT BLUE/WHITE DOTSlikes to suck whites
likes black suckersLT BLUE/BLACK DOTSlikes to suck blacks
likes latino suckersLT BLUE/BROWN DOTSlikes to suck latinos
likes asian suckersLT BLUE/YELLOW DOTSlikes to suck asians
park sex topRED/WHITE GINGHAMpark sex bottom
headmasterBROWN CORDUROYstudent
wears boxer shortsPAISLEYlikes boxer shorts
bestialist topFURbestialist bottom
likes muscle boy bottomsGOLD LAMElikes muscle boy tops
star fuckerSILVER LAMEcelebrity
has/takes videosBLACK VELVETwill perform for the camera
voyeur (likes to watch)WHITE VELVETwill put on a show
has tattoosLEOPARDlikes tattoos
smokes cigarsTANlikes cigars
cuddlerTEDDY BEARcuddlee
chickenKEWPIE DOLLchicken hawk
wears a dirty jockDIRTY JOCKSTRAPsucks it clean
tearoom top (pours)DOILYtearoom bottom (drinks)
outdoor sex topMOSQUITO NETTINGoutdoor sex bottom
has drugsZIPLOC BAGlooking for drugs
bartenderCOCKTAIL NAPKINbar groupie
stinksKLEENEXsniffs
has a homeKEYS IN FRONThas a car
needs a place to stayKEYS IN BACKlooking for a ride
likes to nibbleHOUNDSTOOTHwill be bitten
skinhead topUNION JACKskinhead bottom
new in townCALICOtourists welcome
bathhouse topTERRY CLOTHbathhouse bottom
hosting an orgyWHITE/MULTICOLOR DOTSlooking for an orgy
Quelle: http://www.rainbow.net.au/~alleykat/HANKYCODES.html

Eine Tuchfarbe fuer "bin Schwulenbewegter" / "stehe auf Schwulenbewegte" ist in der Szene bislang nicht bekannt, obwohl dies bei noch weiter zunehmender Ausdifferenzierung und Anonymisierung als "conversation starter" sicherlich denkbar waere. Andererseits haben einige Schwulengruppen eigene Logos entwickelt, die sie auf T-Shirts und Pins in der Szene tragen (z.B. Herzenslust Gay-Team, BoyTrek).

3.1.5 Rosa Winkel

Der "Rosa Winkel" (Pink Triangle) findet Verwendung als Erkennungszeichen des "gay rights movement"[104] und der Schwulenbewegung in Form von Pins (Anstecknadeln), Aufklebern auf Autos, Taschen etc.; sogar ein schwuler Buchverlag gleichen Namens ist bekannt. Der Rosa Winkel dient einer "affirmative group identification"[105] und wirkt somit sowohl als Zeichen innerhalb der Gruppe wie auch nach aussen.

Obwohl der Rosa Winkel zu einer gebraeuchlichen Form der Selbst-Identifikation innerhalb schwuler Gemeinschaften wurde, ist der Rosa Winkel aus seinen historischen und politischen Bezuegen gerissen worden, die ausserhalb der Lebenserfahrung der meisten heutigen Schwulenaktivisten liegt.[107] Dennoch vermochte es offenbar gerade die Bezugnahme auf die Verfolgung von Schwulen im Dritten Reich, weltweit eine eigene schwule Identitaet zu entwickeln und als Ausgangspunkt des schwulenpolitischen Kampfes heranzuziehen:
Doch auch hierzu ist wie zu den meisten anderen schwulen Erkennungszeichen anzumerken, dass die historische Dimension und deren Kenntnis mehr und mehr hinter der reinen Funktion als symbolisches, ja modisches Accessoire schwulen Lebens verschwindet.

3.1.6 Red Ribbon (Awareness Ribbon)

Die bekannte rote Schleife, "Red Ribbon" oder auch "Awareness Ribbon" genannt, wurde anfaenglich nur aus einem einfachen roten Stoffband hergestellt. Mittlerweile ist es auch als Ansteck-Pin aus Metall, in unterschiedlichen Groessen und in national spezifischen Gestaltungen[109] und auf T-Shirts, Aufklebern etc. erhaeltlich.

Das Red Ribbon stand - zumindest in Deutschland - bald nicht mehr allein fuer Aids-Solidaritaet, sondern wurde fuer viele, insbesondere fuer Mitglieder der Schwulenbewegung,[111] zum schwulen Erkennungszeichen in der Oeffentlichkeit. Ging man ins Café oder in der Theaterpause, so konnte man schnell Kontakt aufbauen und ebenso schnell in schwulenpolitische Diskussionen verwickelt sein.
Von seiten der Aids-Hilfen und Herzenslust-Teamer war in letzter Zeit immer wieder die Klage darueber zu hoeren, dass viele Schwule zwar das Red Ribbon tragen, das nicht nur von der Aids-Hilfe (gegen eine kleine Spende), sondern mittlerweile auch von kommerziellen Anbietern zu beziehen ist, dass die Traeger aber in der persoenlichen Begegnung mit HIV-Infizierten oftmals alles andere als solidarisch oder auch nur tolerant sind.
Die abgrenzende Bedeutung im Sinne einer Selbststigmatisierung der Schwulen (und der Schwulenbewegung) hat es schliesslich auch dadurch verloren, dass Homosexuelle schon bald nicht mehr als alleinige Opfergruppe des HI-Virus gesehen wurden. Da ausserdem in den letzten Jahren an den Welt-Aids-Tagen, die alljaehrlich am ersten Dezember abgehalten werden,[112] Millionen von Red Ribbons an die Bevoelkerung verteilt werden, behaelt es zwar moeglicherweise seine "Awareness"-Funktion, ist aber - letztlich ganz im heutigen Sinne der Aids-Hilfen, die HIV-Infektionen als Gefahr fuer alle Menschen verstanden wissen wollen[113] - als Erkennungsmerkmal fuer Schwule und bewegte Schwule nicht mehr eindeutig konventionalisiert.

3.1.7 Regenbogenflagge

Die Regenbogenflagge oder "Rainbow Flag" ist eines der weltweit am meisten und einheitlichsten verwendeten Symbole schwuler Identitaet. In aller Welt ist sie zu finden auf der Eingangstuer schwuler Cafés, Kneipen, Saunen und Lokale, weht aus Fenstern und klebt als Sticker an Autohecks und auf Aktenordnern; sie wird als Pin am Revers oder in Form farbiger Ringe an der Halskette getragen; sie prangt fuer ihren globalen Siegeszug auf Internet-Homepages und findet inflationaeren Gebrauch und staendige Neukonventionalisierung auf den zahlreichen Pride- und CSD-Veranstaltungen. Die Regenbogenflagge will immer das eine ausdruecken: Bei uns bist du richtig, hier bist du als Schwuler (und als Lesbe, als Bisexuelle/r, Transsexuelle/r...) herzlich willkommen.
Die Regenbogenflagge, deren symbolgeschichtliche Urspruenge wohl zumindest bis in die biblische Zeit juedisch-christlicher Mythologie zurueckreichen, wo der Regenbogen nach der Sintflut als Zeichen fuer Gottes Bund mit Noach am Himmel steht,[114] wurde als Zeichen der "gay community" erstmals 1978 in den USA verwendet:

Die aktuellen sechs Farben und ihre Belegungen nach Baker sind: Rot fuer das Leben, Orange fuer die Heilung, Gelb fuer die Sonne, Gruen fuer die Natur, Blau fuer die Harmony und Purpur fuer den Geist.[116] Doch haben verschiedene im Rahmen dieser Arbeit durchgefuehrte persoenliche Befragungen ergeben, dass der Mehrheit der Schwulen nicht einmal die Existenz solcher Farbbedeutung bekannt ist, geschweige denn, dass sie einzelne Farbbedeutungen nennen koennten. Das Symbol "Regenbogenflagge" wirkt also nur noch in seiner Gesamtheit als identitaetsstiftendes Zeichen der schwulen Bewegung.

3.1.8 Gender Emblems

Unter "gender emblems" oder Geschlechtszeichen sind zunaechst die aus der Biologie bekannten Zeichen fuer "weiblich" und "maennlich" zu verstehen: Dem "Venusspiegel", einem Kreis mit untem angesetzem Kreuz, und dem "Marskoecher", einem Kreis mit nach rechts oben abgehendem Pfeil. Diese Zeichen repraesentieren das weibliche (Venus) und maenliche Prinzip (Mars) der Astronomie.
Als schwules (bzw. lesbisches) Zeichen gilt die hintereinandergelegte Verdopplung des jeweiligen Zeichens.[117] Diese Zeichen werden unter anderem wie Schmuck an einer Kette um den Hals getragen.

3.2 Face-to-face-Kommunikation

3.2.1 Definition

Face-to-face-Kommunikation, also Kommunikation von Angesich zu Angesicht, ist charakterisiert durch Zeitgleichheit und Ortsgleichheit der Beteiligten.
Innerhalb der Face-to-face-Kommunikation laesst sich - wie in den Bereichen medialer Kommunikation, die weiter unten angesprochen werden - noch weiter unterteilen in interpersonale Kommunikation (zwei Teilnehmer), Kleingruppenkommunikation (mehrere Personen, aber mit Kenntnis der ueberwiegenden Zahl der Teilnehmer), sowie Massenkommunikation (einseitig, ohne Kenntnis der beteiligten Personen).[118]

3.2.2 Cruisingorte

"Cruising" bedeutet im eigentlichen Sinn, sich zu bestimmten "codierten" Orten zu begeben, um dort nach potentiellen Sexpartnern Ausschau zu halten und mit ihnen in Kontakt zu treten, um moeglichst an Ort und Stelle oder in der naheliegengen Wohnung mit ihnen sexuell "zur Sache zu kommen".[119] Zu den klassischen schwulen Cruisingorten zaehlen unter anderem bestimmte oeffentliche Beduerfnisanstalten (sogenannte "Klappen") und Gruenanlagen, Strassenecken, Saunen und Pornokinos, Bahnhoefe und Autobahnrastplaetze.
Die Codierung der Orte beschreibt Baake fuer die jugendlichen "Subkulturen" wie folgt:

Fast genauso liest sich die zutreffende Beschreibung Hoffmans ueber die schwulen Treffpunkte:
Da an den geschilderten und bis heute genauso wie schon zu Magnus Hirschfelds Zeiten frequentierten Orten jedoch fluechtige Kontakte mit eindeutigen, auf den Moment der Beduerfnisbefriedigung begrenzten sexuellen Absichten ueberwiegen, bei denen es auch ueberhaupt nicht darauf ankommt, ob jemand eine schwule Identitaet besitzt ("homosexualisch") oder nicht ("homosexuell"), ist der Konversationsumfang aeusserst beschraenkt und fernab jeder politischen Diskussion. So wichtig diese Orte im Leben vieler Schwuler sind, als Orte politischer Diskursivitaet koennen sie vernachlaessigt werden.

3.2.3 Kneipen

Schwule Kneipen gehoerten in der Vergangenheit zu den wenigen Freiraeumen homosexuellen Lebens und damit auch zu den oben beschrieben Cruisingorten. Noch heute haben sich viele dieser Kneipen ihren urspruenglichen, dunklen, subversiven Charme bewahrt. Doch ist innerhalb der schwulen Kneipenszene ein zunehmender Trend zur Aufweichung der starren subkulturellen Grenzen zu verzeichnen. So positioniert sich etwa das in Bochum im Juli 1997 frisch eroeffnete "Freibad" trotz Regenbogenflagge am Eingang und schwulem Personal als ein Ort, an dem sich "einfach jeder wohlfuehlen soll, egal ob schwul, lesbisch oder was auch immer. Wir wollen nicht Ghetto sein wie die Schwulenkneipen in den 80er Jahren."[122]
Kneipen sind generell Orte, an denen eine starke Kommunikation und Meinungsmultiplikation zu beobachten ist.[123] Vor allem in der Kleingruppen-Kommunikation reicht es aus, ein oder zwei Schwulenbewegte zu haben, um der gefuehrten Konversation einen Schlag in die politsche Richtung zu geben: Neuigkeiten werden verbreitet, politische Standpunkte dargelegt, Kritik an Politikern und Personalien und Ereignisse der Bewegung erlaeutert.
Die Tatsache, dass auch Sitzungen von schwul-lesbischen AktivistInnengruppen heute in den Hinterzimmern solcher Kneipen abgehalten werden, stellt oft eine erste Verbindung bis dahin an der Bewegung Unbeteiligter her, ein "Hineinschnuppern" und zwangloser informativer Konatkt in den Sitzungspausen wird moeglich.[124]
Neben der genannten Face-to-face-Kommunikation sei an dieser Stelle bereits auf bestimmte medial-versetzte Kommunikationsprozesse aufmerksam gemacht:
Die meisten schwulen Kneipen bieten naemlich eine umfangreiche Schriftenauslage, von der man die verschiedensten Flugblaetter, Flyer, Broschueren, Aids-Aufklaerungshefte und Zeitschriften kostenlos mitnehmen kann. Schliesslich sollte auch die Wirkung der Plakate an Toilettentueren und Waenden nicht unterschaetzt werden.

3.2.4 ASTA-Schwulenreferate

Die Schwulenreferate an den Universitaeten und Hochschulen sind seit jeher Keimzelle der modernen politischen Schwulenbewegung, wie schon mit dem Begriff der "Gay Libbers" als eine eigene Studentenkategorie angedeutet wurde. Obwohl es mittlerweile zahlreiche andere aktive schwul-lesbische Gruppen (siehe dort) wie etwa Gewerkschaftsgruppen gibt, verbinden sich hier auch knapp dreissig Jahre nach der Studentenrevolte Zeit, Kraft und intellektuelles Potential der Studenten mit verschiedenen radikalen Ideologien und Lebensentwuerfen:

Allerdings haben Schwulenreferate durchaus unterschiedliche Arbeitsauffassungen: [126] Die einen verstehen sich als Ort ungezwungener Kommunikation und setzen auf gruppendynamische Effekte bei dann und wann ausbrechendem Aktionismus. Andere bieten im Semesterablauf ein umfangreiches Programm schwuler Filme, Diskussionsveranstaltungen und Ausstellungen, mit denen auch die studentische Allgemeinheit angesprochen werden soll. Wieder andere leisten eine gute Oeffentlichkeitsarbeit und mischen sich damit in das Agenda-Setting der Massenpublikationen ein. Einige, personell schwach besetzte Referate harren ganz einfach der Dinge, die da kommen, und unterhalten darueberhinaus einen gut sortierten Schriftstand.
Ergaenzend ist anzumerken, dass es eine Vernetzung der Schwulenreferate durch die regelmaessig stattfindenden "Bundesreferatetreffen" und durch einen eigenen Infoverteiler gibt. Zudem gibt der ASTA der FU Berlin die monatlich erscheinende "Lesbisch-schwule Presseschau" heraus, in der Ausschnitte der deutschen Tages- und Wochenpresse zum Thema Homosexualiaet zusammengestellt werden.

3.2.5 Kommunikationszentren, Switchboards

Schwule bzw. schwul-lesbische "Kommunikationszentren" entstanden kurz nach der Liberalisierung des Paragraphen 175 StGB. Die Anfaenge waren zoegerlich, versteckt, es ging zunaechst darum, gemeinsame Anlaufstellen zu schaffen. So heisst es in der Gruendungssatzung des KCM (Kommunikationscentrum Muenster):

Es ging also, abgesehen von einigen provokanten Aktionen, in erster Linie darum, im persoenlichen Austausch eine schwule und lesbische Identitaet zu entwickeln sowie die schwule und lesbische Infrastruktur zu foerdern, indem zum Beispiel im KCR (Kommunikationscentrum Ruhr) primaer Selbsterfahrungsgruppen aufgebaut wurden.[128] Spaeter wurde dann nicht nur im KCM die Gefahr gesehen, dass bei staendiger Ausklammerung wichtiger schwulen- und lesbenpolitischer Themen "aus dem KCM ein Kaffee- und Kuchenzentrum Muensterland"[129] wuerde. Heute sind die Kommunikationszentren Anbieter eine Fuelle verschiedener politischer und kultureller Veranstaltungen und bieten Raeume fuer verschiedene schwulenpolitsche Gruppen an.
Die spaeter aufkommenden "Switchboards" hatten von vorne herein eine staerkere Ausrichtung auf den zwanglsoen Austausch von Infomationen jenseits spezifischer politischer Anschauungen. Entsprechend halten sie vor allem Raeume und Infomaterial in Schriftstaenden und Leihbibliotheken bereit. Ueberregional bekannte Switchboards sind etwa "Hein & Fiete" in Hamburg, "Mann-o-Meter" in Berlin, "SCHULZ", Koelner Lesben-und Schwulenzentrum.

3.2.6 Diskussionsveranstaltungen, Kongresse

Die Diskussionsveranstaltungen, wie sie unter anderem von den Kommunikationszentren und Schwulenreferaten regelmaessig angeboten werden, sind meist offene Podiumsdiskussionen. Die meisten dienen der Verbreitung und Reflexion gesellschaftlich-schwulenpolitischer Standpunkte unter den Teilnehmern, aber auch Fragen von Partnerschaft, Aids-Praevention und Umgang mit der HIV-Infektion sind auf der Agenda zu finden. Manche Veranstaltungen wenden sich explizit nicht nur an Schwule, als Beispiel seien hier Diskussionsrunden zum Thema Homosexualitaet und Kirche in verschiedenen Kirchengemeinden oder zum Thema Eltern schwuler Soehne genannt.
Regionale, nationale und internationale Kongresse der Schwulenbewegung gibt es zu so unterschiedlichen Themen wie Leben mit HIV (Bundespositiventreffen im Freien Tagungshaus "Waldschloesschen"), Vernetzung schwuler Gruppen (Schwules Netzwerk NRW), Vernetzung der europaeschen "Pride"-Organisatoren (European Pride Organizers (EPOA) Conference), internationale Vernetzung schwuler und lesbischer Aktivitaeten (International Lesbian and Gay Assossiation). Gemeinsam ist allen diesen Veranstaltungen, dass eine hohe sachbezogene Kommunikationsdichte herrscht, woran es oft in der Gruppenarbeit vor Ort mangelt, die vor allem aus zwei Dingen resultiert: Zum einen nehmen die Teilnehmer zum Teil grosse Kosten und Muehen auf sich, um ueberhaupt zu einer solchen Veranstaltung zu gelangen, zum anderen gibt es klare, vorher bekanntgegebene Rede- und Abstimmungsregularien.

3.2.7 Discoveranstaltungen

Die hier angesprochenen Discoveranstaltungen kamen Mitte der achtziger Jahre auf, und sie waren urspruenglich als "Praeventionsveranstaltungen" im Rahmen der "strukturellen Praevention"[130] ins Leben gerufen worden. Ziel war es, homosexuellen Maennern und Jugendlichen ein gemeinsames Freizeitangebot zu bieten, bei dem sie sich als gemeinsame Gruppe definieren lernten und dadurch besser mit Praeventionsmassnahmen anzusprechen waren, die speziell auf diese "Hauptbetroffenengruppe" abstellten.
Noch heute werden die beliebtesten dieser Veranstaltungen von Rosa Strippe (BO-YS), Herzenslust (Bang!, cruise&queer) und Aids-Hilfe (Disco im Café Rosa Mond, Duesseldorf) organisiert bzw. unterstuetzt.

Abb. 3: Schwule / schwul-lesbische Diskoveranstaltungen
im Aktionsradius Ruhrgebiet
(ohne Feten in Muenster und Koeln, ohne Frauen- und Lesbenschwoofs)

Deep Space GayWeststadt, Essennoch unregelmaessigkommerziell
Independent
Pop-Wave-Fun-Party for Gays & Lesbians
Zwischenfall, Bochummtl. jeden 1. Freitagkommerziell
GayDay
Party fuer Schwule und andere
Autonomes Zentrum, Wuppertal.AIDS-Hilfe
Bang!
Die Party nicht nur fuer Schwule & Lesben
Druckluft, Oberhausenmtl. jeden 3. FreitagHerzenslust
gaywatch
party fuer schwule & lesben ab 27
Depot, Dortmundregelmaessig.
BO-YS
Party fuer Schwule (und andere)
Bf. Langendreer, Bochummtl. jeden 1. SamstagRosa Strippe
Power and Glory
The new Mandance, It's gay it's queer it's lovely
Zeche Carl, Essenmtl. jeden 2. Samstagteil-kommerziell
cruise&queer
Party fuer Lesben & Schwule & Freunde
Ringlokschuppen, Muelheim/Ruhrmtl. jeden 4. SamstagHerzenslust und K.I.D.S
GayHappening
in der Koenigsburg
Koenigsburg, Krefeldca. zweimonatlichkommerziell
Gay Vest
Fete fuer den Kreis Recklinghausen
Altstadtschmiede, RE zukuenftig zweimonatlichGAYneration
WORK!
Leder, Gummi&Fetisch-Fete
Stahlwerk Meiderich, Duisburgunregelmaessigkommerziell
Stargate
Gay Club Disco
verschiedene Motto-Veranstaltungen
Stargate, BochumFr., Sa. und vor Feiertagenkommerziell
Ball Verkehrt
Gay and Lesbian Party
Buergerhalle, HamminkelnzweimonatlichH.I.B. Bocholt
backyard
die andere music party nicht nur fuer Lesben + Schwule
KCR, Dortmundmtl. jeden 4. FreitagKCR
Disco
fuer Lesben und Schwule
Rosa Mond, Duesseldorfjeden DonnerstagCafé Rosa Mond / AIDS-Hilfe
Cruising
Die gefeierte Party im Lesben- und Schwulenzentrum
LuSZD, Duesseldorfmtl. 1. SamstagLesben- u. Schwulenztr.
MC2
Men-Cruising-Party
LuSZD, Duesseldorfmtl. 2. SamstagLesben- u. Schwulenztr.
(die Feten im LuSZD sind wegen Umzugs des Zentrums voruebergehend ausgesetzt)
Victor&Victoria
Party for gays, lesbians and their friends
Bochum, verschiedenunregelmaessigVictor&Victoria
Quellen: Programmzone, Terminkalender der Rosa Zone, Dortmund (div. Ausgaben); persoenliche Gespraeche mit Veranstaltern.

Allerdings fuehrt der Weg gerade im Ruhrgebiet in juengster Zeit weg von der "klassenlosen" gemeinsamen Veranstaltung nun zu einem immer vielfaeltigeren und kommerziellen Angebot, das ausserhalb der schwulen Szene liegende Einfluesse von Mode und Musikgeschmack widerspiegelt. Und nicht zuletzt ist auch eine zunehmende Oeffnung und ein Vermischen von homo- und heterosexuellen "Partynasen"[131] zu beobachten, denn "das ganze prickelnde Gay-Partyfeeling reizt auch Heteros"[132]
Die Moeglichkeiten des uebergreifenden direkten Kontakts unter den Mitgliedern der Schwulenbewegung, die auf den Feten frueher zwangslaeufig ueber den Weg liefen und dann im Cafébereich der Disco die wichtigsten Neuigkeiten austauschen und anderen (wie unter Kneipen beschrieben) weitergeben konnten, nimmt durch die Ausdifferenzierung rapide ab und muss durch andere Kommunikationsformen ersetzt werden.[133]

3.2.8 Communities, Wohnprojekte

In den USA leben Schwule und Lesben in den groesseren Staedten in eigenen, abgegrenzten Wohnvierteln bzw. Stadtteilen, der sogenannten "community" zusammen.[134] In diesen Vierteln stellen sie auch fast die gesamte Infrastruktur; vom Baecker ueber Kneipenbesitzer bis hin zum Sexshopbetreiber definiert man sich ueber die sexuelle Identitaet, ueberall weht die Regenbogenflagge. Dieses Zusammenleben in einer spezifischen Gruppe stellt in den "multikulturellen", allgemein einer staerkeren Polarisierung der Gesellschaft unterworfenen USA keine Besonderheit dar, in der sich andere Bevoelkerungsgruppen in gleicher Weise ueber eine gemeinsame Identitaet abgrenzen und in Vierteln wie "Chinatown" oder "Little Italy" sogar eigene, von Staat und Verfassung tolerierte Gesetze einfuehren.
In Deutschland stellt sich die Situation anders dar, man setzt insgesamt mehr auf Intergration als auf Polarisation.[135] Dadurch atomisiert sich auch die schwule Bevoelkerung in alle Stadtteile und Teilstaedte. In den Metropolen Koeln (Suedstadt), Hamburg (St. Georg) und Berlin (Charlottenburg, Schoeneberg, Prenzlauer Berg)[136] sind aber bereits geographische Abgrenzungen zu beobachten.[137]
Betrachtet man die Auswirkungen auf den Gruppenzusammenhalt, so erscheint eine Situation wie in den USA ungleich besser geeignet, uebergreifende Gruppenziele - und vor allem auch die Gruppe selbst - in der direkten Kommunikation immer wieder neu zu definieren. Durch gemeinsame schwul-lesbische Wohnprojekte soll hier nun ein aehnlicher Effekt erzielt werden. So formuliert Hans-Juergen Esch, Projektleiter des Wohnprojektes Koeln-Ehrenfeld:

3.2.9 Gruppen

3.2.9.1 Gruppen innerhalb der Schwulenbewegung

Schwule Bewegung lebt von schwulen Gruppen.[139] Sie stellen die Vielfalt an Meinungen, Lebensauffassungen und Erfahrungen das, die schwules Leben in der Gesellschaft ausmachen. So einleuchtend diese Tatsache wohl sein mag, ist denoch ganz deutlich hervorzuheben, dass viele Gruppen isoliert vor sich hinarbeiten, dass einige Gruppen und Initiativen im besten Fall nebeneinander her arbeiten, im leider noch viel zu oft zu beobachtenden schlechtesten Fall aber auch verbittert gegeneinander arbeiten.

Abb. 4: Die Schwulen- und Lesbenbewegung im Ruhrgebiet - ein Ausschnitt
1.AIDS-Hilfe Bochum e.V.
2.AIDS-Hilfe Dortmund e.V.
3.AIDS-Hilfe Essen e.V.
4.AIDS-Hilfe Oberhausen e.V.
5.AStA-Maenner- und Schwulenreferat der Uni-GH Essen
6.AStA-Schwulenreferat Uni Dortmund
7.Autonomes Schwulenreferat der RUB (Ruhruni Bochum)
8.Bundesverband Homosexualitaet - BVH Regionalbuero Dortmund
9.Buendnis 90/DIE GRUeNEN Bochum
10.Buendnis 90/DIE GRUeNEN Essen, AG Schwule und Minderheiten
11.Café Blu, Dortmund
12.DGB Dortmund, Jugendreferat
13.FLIP -Frauenliebe im Pott- e.V., Essen
14.Heartbeat-Café, c/o AIDS-Hilfe Essen
15.Herzenslust Gay-Team Oberhausen / Muelheim
16.Herzenslust-Projekt Bochum
17.Homosexuelle und Kirche - Regionalgruppe Ruhrgebiet, Bochum
18.Junge Lesben, c/o KCR Dortmund
19.Jugendgruppe Rainbowboys, c/o KCR Dortmund
20.KCR - Kommunikations-Centrum Ruhr e.V., Dortmunder Lesben- und Schwulenzentrum
21.Lederfreunde Rhein-Ruhr e.V., Essen
22.Lesbengruppe ARIANE, c/o KCR Dortmund
23.LITFASS Buchladen und Switchboard, Dortmund
24.Mandance - The new Power and Glory, Essen
25.(Frauen- und Lesben-) Motorradstammtisch, Bochum/Dortmund
26.OeTV - Arbeitskreis Schwule und Lesben bei der OeTV, Essen
27.Quarterback, Kneipe, Essen
28.Radio PINK CHANNEL, Duisburg
29.Radio RegenBOgen, Bochum
30.Radio Rosa Rauschen, Essen
31.ROSA ZONE, Schwule Zeitung fuer NRW, Dortmund
32.Sportclub SC AufRuhr, Bochum
33.Schibsel e.V., Dortmund
34.Schwusos Dortmund
35.SODOM, c/o AStA-Schwulenreferat Uni Dortmund
36.SVD-Ortsgruppe Dortmund
37.Uwe Goerke FaxLine, Schwerte
38.Victor & Victoria, Schwulen- und Lesben-Initiative, Bochum
39.(Frauen- und Lesben) Volleyballgruppe, Bochum
Quelle: Vorbereitungskreis CSD Ruhr '96: CSD RUHR '96.
INFORMATIONEN FUER DIE PRESSE, Stand 18.03.96. Essen 1996, S. 10.

Klassische Gruppen der neueren Schwulenbewegung enstammten, wie bereits dargestellt, vorrnagig einem studentischen Millieu. Heute gibt es schwul-lesbische Arbeitskreise in den Gewerkschaften (z.B. Arbeitskreis Lesben und Schwule in der OeTV Essen, HBV-Rosa in Duisburg), in den Unternehmen (z.B. Ford GLOBE, Gay Manager), Jugendgruppen (z.B. K.I.D.S in Muelheim), Gruppen in den AIDS-Hilfen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.[140] Die Spannweite reicht dabei von der abgeschlossenen Selbsthilfegruppe bis zur politischen Interessenvertretung.
Nach Wegfall des BVH (Bundesverband Homosexualitaet) als Dachorganisation fehlt eine gemeinsame Plattform; diese soll durch zunehmende mediale und auch persoenliche "Vernetzung" neu geschaffen werden:

Auf ein konkretes Beispiel solcher Vernetzungsarbeit soll nun eingegangen werden.

3.2.9.2 Vernetzung: Gruppen auf der "GayCom 97"

Die "GayCom" ist ein vom Schwulen Netzwerk NRW nun bereits zum zweiten Mal durchgefuehrter Kongress, der den Informationsaustausch der Gruppen untereinander foerdern soll. Das Thema des diesjaehrigen "GayCom", die am 21.06.1997 im Ringlokschuppen Muelheim/Ruhr stattfand, lautete: "Kommunikation - Erfahrung - Information: Schwulengruppen in der Provinz.
Im folgenden soll die Stichwortmitschrift der Diskussionsrunde: "Motivation und Gruppenstruktur" wiedergegeben werden, da hierdurch eine tiefe Einsicht in die unterschiedlichen Gruppenkonzepte moeglich wird. Augrund des Generalthemas der "GayCom 97" handelt es sich hauptsaechlich um Gruppen aus dem laendlich gepraegten Raum.
Es sei vorweggenommen, dass eine derart stark auf Selbstorganisation und Nicht-Institutionalisierung setzende Gruppenarbeit, wie sie in den laendlichen Gruppen oft vorzufinden sind, vielen grossstaedtischen Gruppen schon aufgrund ihrer Mitgliederzahl nicht mehr praktikabel erscheint. Zu sehen ist aber auch, dass durch eine solche Gruppenstruktur teilweise starke gruppendynamische Effekte freigesetzt werden koennen, vermutlich, weil sich jeder fuer das, was geschieht oder eben nicht geschieht, unmittelbar selbst verantwortlich fuehlt.
Interessant erscheint auch der angesprochene Effekt des "Jugendgruppen-Tourismus", der das dieser Arbeit zugrundeliegende Konzept der sich ueberlappenden "Szenen" zu bestaetigen scheint.


3.2.9.2.1 Schwule Gruppe Solingen

* ca. 30 Personen insgesamt, 10 - 20 Leute auf dem woechentlichen Treffen in einem separaten Raum in einem Café.
* Ideen werden durch Gruppendynamik hervorgebracht und organisiert
* es gibt einen von der Basis (= allen Mitgliedern) fuer verschiedenen Aktionen gemeinsam aufgefuellten Finanz-Fonds.

3.2.9.2.2 Les Autres, Die schwul-lesbische Gruppe in Dueren (und Aachen)

* hohe Teilnehmerfluktuation, dadurch grosse Differenz des jeweils teilnehmenden Personenkreises, Treffen zweimal monatlich in einer Kneipe, mir lauter Musik im Hintergrund.
* eher informativer als diskrsiver Charakter, zwangloses Zusammensein.
* Aufgaben fallen immer wieder auf wenige dauerhaft Aktive zurueck, daher verlaufen sich viele Ideen im Sand.

3.2.9.2.3 KCM, Kommunikations Centrum Muenster

* ca. 350 maennliche Mitglieder, Treffen in eigenen Raeumen (Gruppenraeume etc.), eigene Publikation (Der Zauberhut), Rosa Telefon.
* offiziell Vereinsstruktur mit Vorstand, Beiraeten und Arbeitsgruppen, dennoch unueberschaubare Struktur (keiner weiss, was andere in anderen Gruppen eigentlich tun)
* zweimal monatlich durchgefuehrte Feten als Anlaufpunkt.
* Beratung und Hilfe im KCM: 19446 - Rosa Telefon, Coming-Out-Gruppen
* Gruppen und Projekte im KCM: Fete, Medien/Oeffentlichkeit , Gay and Grey, Schwule Vaeter, YOUNGS! - Die schwule Jugendgruppe (vormals LSJA!), Niederlande-AG, Schwule Bibliothek, Gespraechskreis Lustvolles Leiden, Taktvoll - die schwul-lesbischen Tanzkurse, Filmclub, Lesung im KCM, Aufklaerungsprojekt, Toleranzkampagne.

3.2.9.2.4 HIB, Homosexuellen-Initiative Bocholt

* eingetragener Verein, Treffen zweimal monatlich in kirchlicher Einrichtung, ca. 10 Teilnehmer.
* zusaetzlich woechentlicher Stammtisch
* Organisation diverser Veranstaltungen durch den 2koepfigenVorstand
* Vorschlaege durch Mitglieder nd Vorstand, Abstimmung der Vorschlaege ueber eigenes Infoblatt
* frueher bestehende Jugendgruppe wurde aufgeloest: "Man lernt ja in der Gruppe Maenner kennen und braucht dann die Gruppe nicht mehr."
* Gruppe frueher schwul-lesbisch gemischt, jetzt rein schwul, weil eine Zusammenarbeit nicht dauerhaft moeglich war (Vorwurf, Lesben seien unterrepraesentiert).

3.2.9.2.5 Schwul-lesbischer Stammtisch Geldern

* zwischen 8 und 20 Teilnehmern, Zahl ist stark schwankend.
* Freizeitaktionen; Beteiligung an verschiedenen Aktionen wie CSD und Parties und Kulturveranstaltungen in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen am Niederrhein.

3.2.9.2.6 Vernetzung Niederrhein

* mit anderen schwul-lesbischen Gruppen am Niederrhein, Notwendigkeit der Vernetzung durch geringe Bevoelkerungsdichte auf dem Land
* ermoeglicht gemeinsame Parties, Kulturveranstaltungen etc.
* Kommunikation bringt zusaetzlich Lerneffekte
* monatliche Konferenz der Gruppenvertreter , durch immer wieder notwendiges Feedabck der Gruppen ist der Abstimmungprozess jedoch oft muehsam, langwierig und zaeh.

3.2.9.2.7 Kleve

* "Jugendgruppe" mit Leitung durch zwei Jugendgruppenleiter, woechentliche Treffen, abwechselnd themenbezogen (Informationsvermittlung, z.B. durch externen Referenten) und themenfrei.
* "Erwachsenengruppe" (ab ca. 26 Jahren), hier bisher wenig Bereitschaft zur Mitarbeit, ein festes Team soll aufgebaut werden.

3.2.9.2.8 Borken

ca. 5 bis 10 Leute, woechentliche Treffen, Probleme mit der Raeumlichkeit (DRK-Heim, Oberkreisdirektor und DRK-Bundesvorstand moechte nicht, dass "das bekannt wird").
* Viele Aktionen werden gestartet, gleichzeitig verlaeuft aber vieles im Sand.
* Fuer neue Leute wird Hilfestellung von der Gruppe gewaehrt, aber "irgendwann sind die Probleme besprochen".

3.2.9.2.9 ISIT schwul-lesbische Jugendgruppe in Oberhausen fuer Teens und Twens

* Teilnehmerzahl schwankt von ca. 5 bis 30 Personen,
5 Mitarbeiter sind dauerhaft aktiv, aber verstehen sich als Gleiche unter Gleichen.
* ungezwungene Treffen, "statistisch 2,5 mal pro Woche", coming-out- und Beziehungsproblemgespraeche.
* Raeume und eigene Bibliothek im Haus der Jugend Oberhausen.

3.2.9.2.10 BJ Wuppertal (eigentlich: Barmer Jugend)

* Gruppenstaerke insgesamt ca. 40 Leute, Verhaeltnis 2/3 Maenner / 1/3 Frauen, Gruppenabende mit 20 bis 25 Leuten.
* woechentliches Treffen (Stammtisch in schwul-lesbisch orientierter Kneipe), Jugendfreizeittreff zweimal monatlich im Haus der Jugend / LZB, Verwaltungsabend einmal im Monat, zukuenftig monatliche Fete.
* "relativ basisdemokratisch", Selbstorganisation der Gruppen und Arbeitsgemeinschaften steht im Mittelpunkt , Jugendgruppe mit Jugendgruppen(be)gleitern (1 Mann, 1 Frau).
* "Meckerrunde" halbjaehrlich und nach Bedarf.

3.2.9.2.11 K.I.D.S Jugendgruppe Muelheim/Ruhr

* die Grupe existiert seit 6 Jahren, seit 2 Jahren in Muelheim, hat derzeit 68 Mitglieder, die Mitgliederzahl ist seit dem letzten Jahr deutlich gestiegen.
* offene Gruppe, vor allem die Anzeigen im Stadtmagazin "coolibri" stellen den Kontakt mit den Jugendlichen her, wie herauszufinden war.
* woechentlicher Treff mit anschliessender Party.
* Vorstand mit Gruppenleitern (vor allem zustaendig fuer die offizielle Organisation von Reisen, Projekttagen etc.) und Beirat der Jugendlichen (zustaendig fuer die verschiedenen Gruppenangebote: Feten, Buergerfunk-Sendungen).
* K.I.D.S ist entstanden als Selbsthilfegruppe; Ziel ist es, einen Treffpunkt, eine Kommunikationsstelle zu schaffen, in der die vielen persoenlichen Probleme in kleinen, privaten Gruppen ausdiskutiert werden koennen.
* Gerry Wiechert (Vorstand) spricht von "Jugendgruppen-Tourismus" innerhalb des Ruhrgebiets / Duesseldorf, "das interessanteste Angebot wird jeweils genutzt".
Dies bestaetigt auch der Vertreter der Gruppe "Hellas Juenger" (s.u.).

3.2.9.2.12 Hellas Juenger / KCR (Kommunikations Centrum Ruhr)

* ca. 30 Leute insgesamt (schwul-lesbisch gemischt, anfaenglich rein schwul), zu den monatlichen Treffen im KCR kommen jeweils ca. 10 Leute.
* auch hier ist der "Jugendgruppen-Tourismus" festzustellen.
* die Gruppe hat einen "peer-group-Charakter": gemeinsames Kochen, Schwimmen, gemeinsame Tanzkurse sollen neue Interaktionsformen des schwul-lesbischen Zusammenseins einueben.

3.2.9.2.13 BOY TREK - The next generation, Koeln

* vor 3 Jahren gegruendet vom Sozialwerk fuer Lesben und Schwule, derzeit ca. 130 Jugendliche.
* woechentliche Treffen im SCHULZ (Koelner Schwulen- und Lesbenzentrum), wer anwesend ist, darf mitentscheiden.
* Orga-Teams fuer Allgemeines, Theke, Internet, U27 (Disco zweimal monatlich), Gokart-Rennen etc.
* derzeit Antrag auf ein lesbisch-schwules Jugendzentrum in Koeln.

3.2.9.2.14 GAYneration, Jugendgruppe schwul - lesbisch - bi

* gegruendet vor drei Jahren als "grosse Ausheul- und Diskussionsrunde", jetzt konzipiert als offener Treff mit drei gewaehlten Vorstaenden, weil das urspruengliche Konzept nicht ankam.
* insgesamt ca. 30 Personen dabei, zu den Gruppentreffs kommen ca. 10 bis 20 Leute (auch hier abhaengig vom "Gruppentourismus").
* eigene Disko-Veranstaltung (Gay Vest) alle 3 (zukuenftig alle 2) Monate

3.2.9.2.15 Herzenslust Muelheim/Oberhausen

* formal und finanziell angebunden an die AIDS-Hilfe Muelheim/Oberhausen.
* innerhalb der Gruppe gilt das mehrheitlich-demokratische Prinzip.
* es gibt einen "harten Kern", der organisatorische Arbeiten erledigt.
* Projekt "Rosa Telefon" unter Einbezug verschiedener Gruppen wie Schwule und Lesben im DGB, Polizei etc.
* Mitveranstalter und Aktionen auf Disko-Parties cruise&queer und Bang! und Private-Sex-Party Oberhausen.

3.2.9.2.16 Leeve Jungs Leverkusen

* gegruendet vor 8 Jahren, frueher bis zu 70 Mitglieder, derzeit ca. 25.
* Treff zweimal monatlich in Raeumen der AWO, zusaetzlich Badminton-Gruppe und Fruehstuecksangebote.
* derzeit Streit um die Frage "Verein vs. offener Treff". Der offene Treff wird bevorzugt, aber dann muesste mehr Disziplin herrschen nach dem Motto "wer etwas vorschlaegt, muss auch bei der Umsetzung mitarbeiten".

3.2.9.2.17 GayL - Bergisch Gladbacher Schwulen- und Lesbengruppe

* Treff zweimal monatlich (Aktionen wie Wanderungen etc.), regelmaessig oeffentliche Treffs in einem Café, rosa Kaffeklatsch.
* nach Anlaufphase wurde die Vereinsgruendung vollzogen.
* der Verein hat aber hauptsaechlich repraesentative Funktion, intern ist man "interaktiv", es gibt keine starre Vereinsstruktur, vorstandsunabhaengige Arbeit wird zugelassen.

3.2.9.2.18 Fazit der Gruppenvorstellung

1) Die Gruppe wird ueberwiegend als Treff gesehen, als Ort der Kommunikation.
2) Gemeinsame Aktionen werden durchgefuehrt, um den Gruppenzusammenhalt zu foerdern.
3) Es gibt Orga-Teams, die aus der Basis heraus entstehen, "aus der Lust heraus, etwas zu unternehmen".



3.2.10 "Christopher Street Day"

3.2.10.1 CSD-Events

Das Kuerzel "CSD" steht fuer "Christopher Street Day" und ist die in Deutschland uebliche Bezeichnung fuer den Gedenktag an den schwul-lesbischen Aufstand gegen eine zum wiederholten Male stattfindenden Polizeirazzia in der Bar "Stonewall" in der Christopher Street in New York City am 28. Juni 1969. Weltweit wird dieser Tag, der als Geburtsstunde der weltweiten Schwulenbewegung gilt, jaehrlich von Millionen von Lesben und Schwulen unter Begriffen wie "CSD", "Lesbian and Gay Liberation Day", "Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender Pride" und "Mardi Gras" mit Demonstrationen, Paraden und Partys gefeiert.
Neben diesen urspruenglich politisch motivierten Veranstaltungen haben sich bereits andere Konzepte entwickelt, die als "schwul-lesbische Strassenfeste" oder "Tummelplatz der Lueste" bekannt sind. Bei den groesseren CSD-Veranstaltungen ist eine Vermischung aus beiden Elementen zu beobachten.
Innerhalb Deutschlands finden die groessten CSD-Veranstaltungen in Berlin und Koeln statt.

Abb. 5: CSD-Veranstaltungen in Deutschland 1997
OrtKontaktmoeglichkeiten
Aachen Kontakt-Telefonnummern
BerlinInfotelefon (Switchboard Mann-O-Meter)
BielefeldInternet
BochumPlakate, Flyer
BonnInfotelefon (AIDS-Hilfe)
Cottbuskeine Angaben
Frankfurt/M.keine Angaben
Halle (Saale)Internet
HamburgInfotelefon (Switchboard Magnus Hirschfeld Zentrum),
eMail-Kontakt
KoelnProgrammbroschuere,
Internet 1 und Internet 2
Mannheimkeine Angaben
MarburgInternet
MuenchenTelefon-Hotline, Internet
OldenburgInfotelefon
Regensburgkeine Angaben
WiesbadenInfotelefon
Wuerzburgkeine Angaben
Anmerkung: internationale Termine unter
http://www.macman.org/epoa/ und http://www.interpride.org/igc/igc97toc.htm
Quellen: Gay Travel 06/97, S. D (= Beilage zur Rosa Zone 06/97) und
http://www.macman.org/epoa/

Der CSD Cologne hat sich mittlerweile vollkommen dem kommerziell-hedonistischen Prinzip verschrieben - und das Orgakomitte (Koelner Lesben- und Schwulentag e.V.) setzt sich 1997 nicht mehr ueberwiegend aus politischen Bewegungsschwulen und -lesben, sondern mehr aus "Szenewirten" zusammen. Vielleicht liegt der anhaltend grosse Reiz des CSD Cologne eben darin, nicht mit politischen Forderungen ueberfrachtet zu sein, sondern eine Plattform der Selbstdarstellung zu bieten fuer eine bunte, laute und auf nichts festzulegende Vielfalt aus Lederkerlen, Drag-Queens, Bartmaennern, Gummi- und Armyfetischisten, juedischen, moslemischen und christlichen Gruppen, Gay Managern und Motorradlesben, Sklaven und Mastern, Transvestiten und Transsexuellen, schwulen Familienvaetern und lesbischen Muettern, die alle vor allem eines wollen: feiern, dabeisein, Spass haben, Leute kennenlernen und zwei unbeschwerte Tage geniessen.
Das Interessante dabei ist, dass hier in Koeln moeglich ist, was anderswo (noch) nicht in diesem Masse praktiziert werden kann: "Naehe zum Volk".[142] Koelner Familien feiern mit, holen ihren Kindern das Mittagessen am schwulen Bratwurststand, setzen sich mit halbnackten Ledersklaven auf das ein oder andere Koelsch zusammen und lauschen den schwulen und lesbischen Interpreten auf den Buehnen oder klatschen am Strassenrand, wenn ein besonders schriller Wagen im Paradezug vorbeikommt.[143]
In Berlin gibt es neben dem CSD ein separates schwul-lesbisches Strassenfest, in Hannover nur ein Strassenfest und keinen CSD, in Koeln vermischt sich beides miteinander.
Der Vorteil eines offenen Strassen-Kulturfestes gegenueber einem Demozug ist das groessere Potential an direkter Face-to-face-Kommunikation mit der uebrigen Bevoelkerung. Somit koennen Kontaktbarrieren und Vorurteile (die auf beiden Seiten bestehen!) leichter abgebaut werden, Verstaendnis und Akzeptanz schwuler und lesbischer Lebensformen besser erreicht werden: Die Interaktionspartner werden von Zuschauern zu Beteiligten.
Die Diskussion um die "richtige" Veranstaltungsform wird derzeit in vielen Gruppen und auch in den schwulen Medien kontrovers gefuehrt. Eine Stimme:
Auch die Frage, ob ein CSD ueberhaupt wegen seiner Aussenwirkung oder nur wegen der Wirkung auf die Beteiligten veranstaltet wird, kommt in letzter Zeit innerhalb der Bewegung immer wieder auf. Ausserhalb der Bewegung scheint man eine Antwort bereits gefunden zu haben:
Der folgende Exkurs soll einen Beitrag zur Klaerung leisten.

3.2.10.2 Exkurs: Innen- und Aussenwirkung

Unter Anknuepfung an Mary Douglas[146] beschreibt Hans G. Soeffner verschiedene Formen des Ritualismus und in juengerer Zeit daraus resultierende "Rituale des Antiritualismus".[147]
Soeffner kommt mit Goffman zu der Einschaetzung, dass das Zusammenleben in "komplexen Massengesellschaften" wie in den primitiven Stammesgesellschaften ebenfalls in hohem Masse von "Interaktionsritualen" durchsetzt ist. Sie wuerden nur eher implizit und somit unbewusst eingesetzt.[148]

Aber die Organisation der Rituale traegt sich nicht nur selbst, sondern ermoeglicht auch die Etablierung "transitorischer, gewissermassen zeitlich begrenzter Gemeinschaften"[150], wie sie auf CSDs zu finden sind: Die unterschiedlichsten religioesen, ethnischen, durch abstruseste sexuelle Vorlieben gekennzeichneten, in ihren Zielen von Feminismus bis Maennlichkeitskult ausgerichteten Gruppierungen bilden zusammen eine solche transitorische Interaktionsgemeinschaft, die nur durch ein gemeinsames Ritual und durch einige gemeinsame Symbole zusammengehalten wird.
Soffner formuliert entsprechend:
Es ist offenkundig, dass es "auch institutionalisierte Formen rituellen Verhaltens gibt, bei denen weder die Entstehungs- noch die Verwendungs- oder Konservierungsgruende explizit bewusst werden"[151].
Diese Unwissenheit des einzelnen ueber die Ritualgeschichte und die impliziten Ritualbedeutungen laesst sich auch bei den TeilnehmerInnen der CSD-Veranstaltungen zeigen.[153]
Man demonstriert also allgemein, "um sich selbst zusammen mit vielen anderen als Teilhaber einer kollektiven Gesinnung zu zeigen."[154] Doch es ist meist nicht nur ein Zeigen nach aussen, sondern - bei CSDs ebenso wie bei der LoveParade - vor allem ein Sehen-und-gesehen-werden.[155] Um dies in den Rahmen einer transitorischen Gemeinschaftserlebens einzubetten, kommen in inflationaerer Weise die Zeichen und Symbole zum Einsatz, die bereits unter "nonverbaler Kommunikation" behandelt wurden.
Aus diesen Ausfuehrungen leitet Soffner schliesslich seine fundamentale Kritik an den Bewegungs-Organisationen ab, die sich ohne weiteres auch auf den Zusatnd der Schwulenbewegung uebertragen laesst:
Sarkastisch schlussfolgert Soeffner schliesslich:

3.3 Medial-direkte Kommunikation

3.3.1 Definition

Die Kennzeichen medial-direkter Kommunikation sind Zeitgleichheit und Ortsdifferenz in der Interaktion. Medial-direkte Kommunikation begegnet uns in der Alltagserfahrung bisher vor allem beim Telefonieren.

3.3.2 Telefon, Rosa Telefone, GayLines

Fuer den Aufbau "kommunikativer Netzwerke", entlang derer sich "Gossip" verbreitet,[159] hatte das Telefon bis vor kurzem eine besondere Bedeutung gerade in der Schwulenbewegung: Durch die nicht zu leugnende Promiskuitaet in der schwulen Szene gelangte man schnell zu einer umfangreichen Liste an Telefonnummern, die im Bedarfsfall effizient zur Weitergabe von Informationen im Schneeballsystem genutzt werden konnte.
Das Telefon verliert jedoch seine Vorrangstellung als interaktives Medium der Schwulenbewegung zunehmend an die Kommunikation per e-Mail. Moeglicherweise haengt das mit der Inflation von Anrufbeantwortern und der staendigen Mobilitaet und der resultierenden Unerreichbarkeit schwuler Aktivisten zusammen.[160]
Auch in den Anzeigen schwuler Gruppen finden sich zunehmend e-Mail-Adressen anstelle oder zumindest in Ergaenzung zur Telefon-Kontaktnummer. Das Herzenslust Gay-Team hat bereits damit begonnen, seine Beratungsaktivitaeten in den InternetRelayChat (siehe dort) zu verlagern.
Dennoch ist die anonyme Beratung per Telefon-Hotline fuer viele noch immer ein erster Kontakt mit der Schwulenbewegung: Rosa Telefone, Gay Hotlines, Homophone, Rosa Hilfen etc.[161] veroeffentlichen ihre Beratungstelefonnummern daher im Kontaktanzeigenteil der Jugend- und Stadtmagazine, die Aids-Hilfen sind bundesweit unter der einheitlichen Beratungsnummer 19411 zu erreichen.
GayLines sind meistens kostenpflichtige 0190er-Nummern, deren Funktion sich in privater Kontaktaufnahme und Telefonsex beschraenkt. Es handelt sich also um virtuelles "Cruising" (siehe dort).

3.3.3 Mailboxes, GayBoxes, Chatboxes

Mailboxes (oder Mailboxen) werden hier bereits umfassend unter dem Gesichtspunkt medial-direkter Kommunikation behandelt, obwohl sie auch medial-versetzte Kommunikation ermoeglichen. Eine weitere Unterteilung erschien nicht sinnvoll.
Mailboxen sind einfache Kommunikationssysteme, bei denen der heimische Computer lediglich als passives Terminal fuer die Datenfernuebertragung (DFUe) dient. Der Aufbau und die Gestaltung der Bildschirmseiten ist auf den einfachen ASCII-Zeichensatz beschraenkt, wie es anfaenglich auch beim Bildschirmtext (urspruenglich BTX, spaeter Datex-j[edermann], heute T-Online) der Telekom der Fall war. Vorteil ist, dass anders als beim WorldWideWeb im Internet hier nur minimale Anforderungen an die Hard- und Softwareausstattung des heimischen PC gestellt werden und auch kein Provider dazwischengeschaltet werden muss, was einen leichten und kostenguenstigen Zugang ermoeglicht.[162]
Die Nutzer der jeweiligen Mailbox koennen Nachrichten lesen, die taeglich ueber Datennetze wie das Fido-gaynet zwischen den verschiedenen Mailboxen ausgetauscht werden, sie koenne untereinander Nachrichten verschicken (daher der Name Mailbox), und vor allem koennen sie in der Chat-Funktion direkt miteinander kommunizieren, diskutieren, sich Rat und Hilfe holen etc.
Die Nutzer sind untereinander bekannt, weil die Teilnehmerzahl pro Box durch die (gewollte)[163] Abgeschlossenheit des Netzes und durch die direkte Einwahl innerhalb der Region des Telekom-Ortstarifs ueberschaubar bleibt. Ausserdem finden regelmaessige Mailbox-Stammtische und Partys statt, auf denen man sich auch persoenlich kennenlernt.

Abb. 6: Telefon- und Mailboxen fuer Schwule
SGBB +49 40 6907117Aigytos BBS +49 511-713986
GayLife BBS +49 6074-5113Devil's Gay Land +49 711-339079
Pink PANTHER +49 821-586850Wupperbote BBS +49 202-450353
Trabbi's Paradise +49 202-4781434GAY-BOX Niederberg +49 2053-41282
Omega +49 208-762546C-Sphinx +49 211-318807
Derendorfer +49 211-445721GayWorld-GERMANY +49 211-5580425
GAYCOMM Port 1 +49 2161-601635Nightman +49 2203-294327
Die Baerenhoele +49 221-708519 9600GAYLINE -cologne- +49 221-737134
BlueBocs +49 231-72617261Male Box +49 5126-81116
Message Box +49 2351-62466Creative Brains +49 2352-23234
Wharft +49 241-523772Pink Harmony +49 241-604398
Gay Box - Bremen +49 421-6168191Mac's Box +49 2434-6768
TMB +49 30-75357443HIVNETBerlin +49 30-8618673
TERRA BBS +49 30-8210307Words +49 40-28052015
CMS GAY +49 5221-67127MICOS I +49 5222-16687
Amiga Venture +49 5265-7515Dao-Lin-H'ay +49 5281-79372
Gay Box +49 531-72054Goliath Box +49 5453-80077
SAVOY +49 5624-8011Rainer's MB +49 5722-3848
COM Mailsystem +49 6104-65547Splash +49 611-503571
UranusBBS +49 6131-384590BmU +49 6187-27166
Gay Power BBS +49 69-2979530NICE BITS BBS +49 69-4960751
Pegasus BBS +49 69-519804NAFETS +49 69-835841
Young Gay +49 711 6076178Viviane +49 711-9924566
Infopool Stuttgart +49 7152-56330The Filing Dutchman +49 7248-8711
Beatit +49 8251-999991Kuschelbox +49 8441-81908
SemmyGro +49 89-3545419Bavaria +49 89-405722
KNUSPER-BOX 2 +49 89-4481795Pink Cadillac +49 89-6257611
Tadzio +49 89-657447OASE +49 89-6883262
Diver-Mailsystem +49 89-6920837Manbox +49 9129-9621
Manni's Mailbox +49 9372-8351Panik BBS +49 941-379607
Schatz-Truhe +49 941-993961
Quelle: http://www.gays.com/numbers.htm

3.3.4 IRC, ICE-WebChat

IRC (Internet Relay Chat) und ICE (Internet Chat Exchange, auch Web-Chat genannt) verbindet die bereits unter Mailboxes beschriebene Moeglichkeit direkter, textgebundener medialer Kommunikation mit der weltweiten Zugangsmoeglichkeit des Internet:

Abb. 7: Schwule IRC-Channels (Auswahl)
deutsch #gayberlin
#gaybielefeld
#gaycologne
#gayhamburg
#gaymuenster
#gayrostock
#gaymeinsamwichsen.neu
#gay-herzenslust
#gblf.de
#gblf-Teens
#gblf-Tweens
englisch
(unter anderem)
#gay (The Universal Gay Chat)
Quelle: eigene Recherchen; Channellisting IRC-Server TU Ilmenau

Um am IRC teilnehmen zu koennen, benoetigt man ein spezielles Client-Programm, das (bisher) nicht zum Umfang gaengiger Internet-WebBrowser gehoert. Einige "Channels" sind ausserdem nicht oeffentlich zugaenglich, man muss sich dann erst elektronisch einladen lassen, um teilzunehmen. Innerhalb eines Channels koennen sich zwei oder mehr Teilnehmer aus dem allgemeinen Gespaech ausklinken und in einem eigenen "Chat-Raum" eine ungestoerte Unterhaltung fuehren.
Die Begriffe "eine Unterhaltung fuehren" oder "zuhoeren" sind technisch gesehen missverstaendlich: Das "Gespraech" erfolgt durch Eingabe von Text ueber die Tastatur, der allen anderen "Gespraechsteilnehmern" entsprechend angezeigt wird. Inhaltlich treffen die Begriffe aber durchaus zu: Chatten ist fluechtig wie gesprochene Sprache, auch wenn es noch eine Weile auf dem Monitor zu lesen und auch abzuspeichern ist: Chat ist Small Talk mit etwa 60 Leuten gleichzeitig.[165] Der Kontakt steht im Vordergrund, Lebenshilfe von Mensch zu Mensch, handfeste sexuelle Interessen und die Vorbereitung von IRC-Partys[166].
Den angegebenen IRC-Kanaelen kommt nach Beobachtung der dort besprochenen Themen als Medium der politischen Schwulenbewegung bisher eine vernachlaessigbare Bedeutung zu. Allerdings sind Schwulenbewegte unter ihrem bekannten "Nickname" oft "idle", also im Hintergrund und ohne aktive Teilnahme an den Gespraechen, auf dem IRC-Server eingeloggt, so dass andere sie ansprechen und zu einer Diskussion in einem privaten Chat-Raum auffordern koennen. Dies ersetzt in vielen Faellen teure Ferngespraeche, da ja nur die Telefongebuehren bis zum Internet-Provider (und evtl. eine geringe Gebuehr fuer die Online-Zeit an den Provider) gezahlt werden muessen.
Um das Problem der Software-Beschaffung und Konfiguration zu umgehen, wurde ICE (Internet Chat Exchange) eingefuehrt, der eine Schnittstelle zum IRC innerhalb eines Fensters JAVA-faehiger Web-Browser herstellt. Dieses System nutzt unter anderem das Herzenslust-Team zur Online-Beratung zusaetzlich zum IRC-Angebot; Ziel ist ein Art "virtuelle AIDS-Hilfe". Schon jetzt kommen pro Woche zu drei bis vier persoenlichen Beratungen in der Geschaeftsstelle 15 bis 20 e-Mail- und Chat-Kontakte.[167]
Die Beurteilung von IRC und ICE als Medien der Schwulenbewegung bleibt uneinheitlich. Noch scheint das Potential des IRC nicht erschoepfend genutzt zu werden, was vor allem in Zusammenhang mit den technischen Eintrittsbarrieren des IRC stehen koennte. ICE bietet noch keinen vollwertigen Zugang, da der Austausch zum Teil so verzoegert ablaeuft, dass eine durchgaengige Diskussion oft nicht moeglich ist. Sicherlich werden sich diese technischen Maengel zukuenftig zu beheben sein.

3.4 Medial-versetzte Kommunikation

3.4.1 Definition

Kennzeichen medial-versetzter Kommunikation ist die Differenz von Zeit und Ort der Interaktionsbeitraege. Klassisches Beispiel dafuer ist die briefliche Konversation.

3.4.2 Anrufbeantworter, InfoLines, Telefax

Zu den negativen Auswirkungen von Anrufbeantwortern wurde bereits unter dem Stichwort Telefon hingewiesen.
InfoLines[168] verbinden den Anrufer meist mit automatischen Bandansagen, die aktuelle Informationen wie etwa Veranstaltungstermine, Oeffnungszeiten oder Anfahrtbeschreibungen vermitteln. Nicht in allen Faellen ist am Ende der Ansage auch die Moeglichkeit gegeben, eine Nachricht zu hinterlassen. Gerade bei personell schwach besetzten Initiativen und Gruppen ist eine solche Informationsvermittlung anzutreffen, aber auch hier ist eine Verdraengung durch Internet-gestuetzte Informationsvermittlung zu beobachten.
FaxLines und Telefaxe dienten bis vor kurzem insbesondere fuer die politische Lobby- und Pressearbeit der verschiedenen Gruppen und Verbaende, wie sich im Begriff der "Faxgeraete-Lobby" fuer den SVD zeigt. Durch die zunehmende Akzeptanz der e-Mail-Kommunikation gerade im Bereich der Presseredaktionen, wo sich der Vorteil der direkten Uebernahme von Passagen elektronisch versandter Presseerkaerungen ergibt, wird die Telefaxkommunikation zunehmend auf die Faelle beschraenkt, in der ein optischer Eindruck mit vermittelt werden muss. Hier ist zu erwarten, dass durch die Moeglichkeit, Bilddateien an e-Mails anzuhaengen, auch dieser Bereich zukuenftig staerker digitalsiert wird.
Fuer kleinere Gruppen und Verbaende stellt sich aber noch das Problem ausreichender Autorisierung ihrer e-Mails (vgl. dazu unter e-Mail)

3.4.3 e-Mail, e-Mail-Poll, e-Mail-Infodienste

Die bereits mehrfach erwaehnte "Faxgeraetelobby" der Schwulenbewegung ist laengst eine globale "e-Mail-Lobby" geworden,[169] wie bereits unter dem Punkt Telefax dargestellt wurde: Kein anderes Medium verbreitet Informationen weltweit so schnell und so kostenguenstig wie das Internet.
Allerdings gibt es hier Unterschiede zwischen der Binnen- und Aussenkommunikation: Da e-Mails in vielen Zusammenhaengen noch mit dem Problem hinreichender Autorisierung behaftet sind, werden sie (z.B. von ILGA, IAL/GPC, EPOA) primaer zur Binnenkommunikation, also zur Verteilung von Informationen (Veranstaltungstermine, Pride Calendar, Boykottaufrufe) an Mitglieder verwendet, denen die Absenderadresse bekannt ist. Mitteilungen nach aussen werden dann von den verschiedenen angemailten Organisationen und Einzelmitgliedern in Faxe oder Briefe umgesetzt und - mit klarer und bekannter Autorenschaft versehen - an die lokale Presse und an Politiker weitergeleitet.[170]
Verschiedene Moegichkeiten des Datenaustausches werden genutzt: Persoenliche E-Mail mit individueller oder standardisierter Antwort; Autoresponder-Files, die ein automatisches e-Mail-Polling ermoeglichen, indem einfach eine leere e-Mail oder eine e-Mail mit einem bestimmten "Subject" (Titelzeile) an die angegebene e-Mail-Adresse geschickt wird, woraufhin dann die gewuenschten Informationen umgehend als Reply (oft in Form gepackter, also durch spezielle mathematische Verfahren in der Datenmenge reduzierter "zip"-Files) an die eigene e-Mail-Adresse versandt wird; e-Mail-Infodienste, die regelmaessig aktuelle Informationen zu einem Thema (wie z.B. Neuigkeiten aus der Schwulenbewegung in Deutschland) zusammenstellen, und bei denen man sich unter Angabe der eigenen E-Mail-Adresse mit "subscribe" bzw. "unsubscribe" leicht an- bzw. abmelden kann.
Immer mehr Gruppen geben mittlerweile e-Mail-Adressen als Kontaktmoeglichkeit an und unterhalten auch eigene Infodienste zu speziellen Themen oder auch nur fuer die Bekanntgabe der Gruppentermine und -Aktivitaeten. Dies duerfte eine bessere Informationsrezeption erwarten lassen als eine statische http-Adresse, die von den Gruppenmitgliedern oder Interessierten immer wieder aufs neue angewaehlt werden muss, so dass zu erwarten ist, dass nie alle auf gleichem und aktuellen Informationsstand sind. Gerade fuer vernetzte Gruppen oder fuer Gruppen, die nicht auf eine hohe Rezeption ihrer Flyer und Plakate setzen kann, empfehlt es sich, diesen Bereich ihrer Oeffentlichkeitsarbeit zu intensivieren.
Allerdings ist hierbei zu beachten, dass es dabei auch Akzeptanzprobleme geben wird, weil mit der Uebermittlung und dem Einverstaendnis zum Speichern der e-Mail-Adresse die von vielen im Internet gesuchte Anonymitaet durchbrochen wird. e-Mail-Information darf also nicht die einzige Form der Informationsvermittlung sein.

3.4.4 Newsgroups

Newsgroups sind elektronische Pinwaende, an denen jeder Nachrichten hinterlassen oder auf andere Nachrichten antworten kann. Die gaengigen Internet-Browser unterstuezen diese Funktion. Allerdings gibt es mehrere tausend verschiedene Newsgroups, auf die ein Zugriff moeglich ist, darunter auch so exotische wie "alt.fan.noam-chomsky". Manche Newsgroups werden zwar gelistet, aber nicht oder nur selten frequentiert. Eine Hilfestellung zur Vorselektion geben bestimmte Namensbestandteile: "alt" steht fuer "alternative", "bin" fuer "binaries" (hier finden sich unter anderem Bilddateien), "sex" fuer sich selbst, "soc" fuer "society", "motss" fuer "members of the same sex", und "de.alt.gblf" schliesslich steht fuer "deutsch-adult-gay-bi-lesbian-friends". Fuer manche Newsgroups finden sich im WWW sogenannte "charter", in denen man Angaben zu erlaubten Inhalten und Regularien nachlesen kann.
Durch sogenannte "crossposts", also das Versenden eines Beitrags an mehrere Newsgroups gleichzeitig, gelangt sowohl mal das ein oder andere erotische Bild in eine Diskussionsgruppe, aber es werden auch Diskussionsbeitraege in unterschiedliche Themenzusammenhaenge (Schwule, Religion, Gesellschaft, Medizin) gestellt, was manchmal besonders interessante Meinungen zutage foerdert.
Neben den hier angegebenen, eher auf inhaltliche Diskussionen ausgerichteten schwulen Newsgroups gibt es solche zum Tausch erotischer oder pornografischer Bilder, zur HIV-Praevention und Aids-Selbsthilfe und auch ganz einfach zur Kontaktanbahnung (fuer Mitfahrgelegenheiten, Sex und Beziehung gleichermassen). Auf verschiedenen schwulen Homepages liest man anruehrende Geschichten ueber schwule Paare, die sich tatsaechlich durch Newsgroupkontakte kennen- und liebengelernt haben.

Von den folgenden Newsgroups ist fuer Diskussionen, die sich mit Themen der politischen Schwulenbewegung in Deutschland auseinandersetzen, besonders news:de.alt.gblf hervorzuheben.

Abb. 8: Schwule Newsgroups (Diskussionen)
news:alt.homosexual
news:alt.politics.homosexuality
news:bit.listserv.gaynet
news:de.alt.gblf
news:gay-net.diskussionen
news:fido.ger.gay
news:gfido.miteinander.schwule
news:soc.bi
news:soc.men
news:soc.motss
news:soc.subculture.bondage-bdsm
news:soc.support-youth.gay-lesbian-bi (moderiert)
Quelle: eigene Recherchen; News-Server Uni GH Essen

3.5 Massenmediale Kommunikation

3.5.1 Definition

Primaeres Kennzeichen massenmedialer Kommunikation ist, dass sich die Beteiligten auf beiden Seiten der Interaktion nicht oder nur sehr vage kennen. Dies ist beim Fernsehen ebenso der Fall wie bei der Tageszeitung, und auch bei einer Theateraffuehrung trifft dieses Kriterium zu. "Masse" charakterisiert also nicht in erster Linie eine besonders grosse Anzahl, sondern eine unbekannte Menge.
Gerade in Bezug auf die Einordnung der Homepages im WorldWideWeb ist eine solche Definition hilfreich, aber auch bei Selbsthilfeblaettern, die in aeusserst kleiner Auflage produziert und an einen kleinen, aber in den Teilnehmern unbestimmten Personenkreis verteilt werden, bietet sie sich an.

3.5.2 Plakate, Flyer, Infomaterial

Plakate und Flyer sind als Informationsmedien nach wie vor attraktiv, aber sie verlangen neben einer auffaelligen Gestaltung den direkten Kontakt vor Ort. Auf die Rezeptionssituation in den schwulen Kneipen wurde bereits eingegangen; aehnlich verhaelt es sich an anderen Orten schwuler Subkultur. Hunderte von Flyern werden im Ruhrgebiet besonders gerne unter die Scheibenwischer der Autos geklemmt, die im naeheren Umkreis schwuler Diskoveranstaltungen parken; diese Moeglichkeit ist in Metroplolen wie Berlin und Koeln nur eingeschraenkt gegeben, weil hier dem oeffentlichen Personennahverkehr eine groessere Bedeutung zukommt. Vielfach werden Flyer daher auch am Ein- oder Ausgang verteilt.
Infomaterial der AIDS-Hilfen und schwul-lesbischen Gruppen findet sich in den Schriftenstaenden, die an fast allen Orten schwuler Subkultur zu finden sind. Ein Negativaspekt, der diesbezueglich immer wieder bei vielen schwulen Diskoveranstaltungen ins Auge faellt, ist die Tatsache, dass die Schriftenstaende dort lange vor Ende der Veranstaltung abgebaut werden. Da viele der Infobroschueren aber ein unhandliches Format haben, das man nicht die ganze Nacht beim Tanzen mit sich herumtragen kann, verpufft hier viel guter Wille zur Information ganz einfach ungenutzt.

3.5.3 Printmedien

Schwule Printmedien lassen sich in vier Kategorien unterteilen:
Erstens das "Selbsthilfeformat", kopierte oder in geringer Auflage gedruckte, lokale Informationsmedien von Initiativen und Gruppen, die vor allem ueber die Gruppe sowie ueber die Szene und die verschiedenen Veranstaltungen vor Ort berichten.
Zweitens das "Infoformat", mit dem monatlich erscheinende, im Rotationsdruck in hoher Auflage auf Zeitungspapier gedruckte und in der Szene kostenlos ausliegende Medien bezeichnet werden sollen. Diese Zeitungen finanzieren sich durch kommerzielle Anzeigen, und ihre Attraktivitaet entspringt oft mehr dem umfangreichen Kontaktanzeigenteil denn einem besonderen redaktionellen Niveau.[171] Einige davon sind mittlerweile im Verbund der "GayCombi" vernetzt.
Drittens das "Hochglanzformat", das dem Konzept aufwendiger Lifestylemagazine folgt und zu einem entsprechend hohen Preis (ueber DM 10,-) vor allem im Bahnhofsbuchhandel erhaeltlich ist. Politik ist Nebensache, kommt aber immerhin vor, ein umfangreicher Kontaktanzeigenteil fehlt nicht.
Viertens das "Pornoformat", das in seinen Darstellungen eindeutig homoerotische und homosexuelle Phantasien anspricht bzw. illustriert und daher nur in Pornoshops oder Pornoecken einschlaegiger Buchhandlungen zu finden ist. Bei den deutschen Magazinen erfreuen sich wiederum die Kontaktanzeigen grosser Beliebtheit, aber es sind auch eine Reihe auslaendischer Magazine im Handel - ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte.
Fuer die Verbreitung von Informationen aus der Schwulenbewegung hat letzlich vor allem das "Infoformat" eine herausragende Bedeutung. Das Hochglanzformat hat zwar eine breitere, auch subkulturferne Leserschaft, aber wegen der erheblich aufwendigeren drucktechnischen Verarbeitung liegt der Redaktionssschluss meist so weit vor dem Erscheinungstermin, dass die Informationen nicht den aktuellsten Stand wiedergeben koennen.

Abb. 9: Schwule Printmedien 9
Infoformat Box
Down-Town
First
Hinnerk
Queer
Rosa Zone
Siegessaeule
Zauberfloete
Hochglanzformat Adam
andersrum
Du&Ich
MaennerAktuell
Pornoformat Cock
Homoh
Quelle: eigene Recherchen
(ohne jeden Anspruch auf Vollstaendigkeit)

3.5.4 Radiosendungen

Schwule Radiosendungen finden sich in nahezu allen Buergerfunk-Kanaelen (vgl. Abb. 10). Sie werden meisten ein- oder zweimal im Monat ausgestrahlt und bieten in einem meist einstuendigen Format neben Unterhaltung, Klatsch und Tratsch vor allem Features, Interviews und Berichte aus der schwulen Szene, den Vereinen und Gruppen und der Lokalpolitik, soweit sie schwul-lesbische Themen beruehrt. Ausserdem wird eine Auswahl der aktuellen Veranstaltungstermine verlesen.
Neuerdings wird die Reichweite und zeitliche Verfuegbarkeit der Sendungen dadurch gesteigert, dass sie auch mit dem kostenlosen "RealAudioPlayer"-Software im Internet im Originalton abrufbar sind (z.B. PinkChannel Duisburg).
Die Radiomacher sind in der "AG schwullesbisches Radio" vernetzt.

Abb. 10: Schwul-lesbische Radiogruppen in NRW
BochumDIN Viereinhalb
DortmundHomo Laber
DuesseldorfDie Rosa Mikrowelle
DuisburgPink Channel
EssenRadio Rosa Rauschen
Gelsenkirchen
Bottrop
Gladbeck
"ELA-Emscher-Lippe-Andersrum
HammRosa Engel Radio
KoelnLudwig, das Zweite
MoenchengladbachMaenner Funken
MuensterRosa Welle Muenster
Oberhausen/MuehlheimBlitz und Kids
PaderbornRadio Schrillkoerper
SiegenSchwule Radiogruppe Siegen
SoestRadio Magermilchbande
SteinfurtRosa Welle Steinfurt
WarendorfSchwules Radio Warendorf
Quelle: www.cologne.de/~macman/man/intergaynet/radionrw.html, Stand Januar 1996;
jetzt unter http://www.macman.org/intergaynet/28.html

3.5.5 WorldWideWeb, Homepages und WebSites

Der Begriff "WorldWideWeb" (WWW, W3) umfasst in etwa das, was gemeinhin unter "Internet" verstanden wird:

Doch handelt es sich nur um einen oeffentlich zugaenglichen Teilbereich des Internet, der auf der Grundlage des "HyperText-Transfer-Protocol" (kurz: http) digitale Daten austauscht. Dieses Protokoll nutzt das "Internet" ebenso wie die Protokolle "Simple-Mail-Transfer-Protocol" (smtp, fuer e-Mail und News), "File-Tranfer-Protocol" (ftp), "InternetRelayChat" (IRC) lediglich als Infrastruktur der Datenfernuebertragung. Es bietet aber mit Hilfe geeigneter Software, dem sogenannten "Web-Browser" und zahlreichen weiteren Hilfsprogrammen, umfangreiche und staendig erweiterte Moeglichkeiten, Texte, Bilder, Toene multimedial miteinander zu verknuepfen und in aller Welt zum Ortstarif abrufbar zu machen.
Weltweit hat das Internet derzeit schaetzungsweise ueber 30 Mio. Nutzer mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren, von denen fast 50% Abitur und 37% Hochschulabschluss haben sollen.[173]
Von schwuler Seite hoert man immer wieder die Einschaetzung, Schwule seien im WWW besonders stark vertreten,[174] und die Internet-Stichwortsuchmaschine von AltaVista (http://www.altavista.com, 23.07.1997) listet immerhin 635.660 Treffer zu "gay", 47.827 zu "homosexual", 2.717 zu "schwul", 666 zu "homosexuell", 47.354 zu "queer". Gegenueber 30 Millionen Nutzern scheint dies jedoch eine erstaunlich kleine Zahl zu sein.
Es kann nicht Gegenstand dieser Arbeit sein, die Frage nach einer besonderen Praesenz von Schwulen im Internet zu beantworten.[175] So kann hier nur eine kurze, nicht repraesentative Sekundaererhebungen vorgenommen werden, die aber vielleicht doch eine Trendaussage erlaubt.

Abb. 11: RingWorld Society and Culture:
Gay and Lesbian Rings

1Bear Ring (322 sites)
2Links Of Sex
3Chains of Love
4Loving D/s
5EuroSwing - The European Swingers
6Rainbow Spirituality Webring
7Ring of Male Exhibitionists
8Fine Art Nude PhotographySMaQ Ring
9Gay, Lesbian, Bisexual, & Transgendered
10Swedish GayRing
11Disabled Veterans of America WebRing
12TOTALLY COOL QUEER SITES
(25 sites, awarded sites only)
13Out and Proud! (31 sites)
14Global TransGendeRing
15The Progressive Politics WebRing
16Global-House The Ring
17The Scuba Ring
18Herbs and Herbal Products
19The Zoo Ring
20Interdependent WebringWebCircle
21Internet Romance Ring
22WebWomyn Ring
23WestHollywood Ring (329 sites)
24Ivory
25(The) Leather Ring
26Lesbianmoms & Gaydads United!
-(Quelle: soc/gay.html)
27Gay Skinhead Ring
28Gay S&M Ring
29QueerRing
30SMaQRing
31The Rubber Ring
-(Quelle: the_ring.html)
Quellen: Stand 05.07.1997

Es handelt sich dabei um die Analyse der obigen Aufstellung von WebRings (Abb. 11), die mit der cgi-Technik[176] von Sage Weil[177] arbeiten:
Gesamtzahl der WebRings: 1.644, davon im Bereich "Society and Culture" 187 Rings, davon mit schwul-lesbischem Inhalt: 26 (31) Rings. Das sind nur 1,6 % der Gesamtringzahl, aber immerhin 13,9 % innerhalb dieser speziellen Kategorie,[178] in der eine schwule oder lesbische Identitaet ueberhaupt nur von Interesse sein kann.[179] Verallgemeinert man die darin enthaltene Aussagen auf alle Angebote des WWW, so sind spezifisch schwule und lesbische Themen (Schwule und Lesben wohl zusammen etwa 15 % der Erdbevoelkerung) nicht signifikant unter- oder ueberrepraesentiert.
Eine oft genutzte Moeglichkeit, Kontakte mit der schwulen Welt zu knuepfen, sind die privaten Homepages und Websites schwuler Internet-Enthusiasen. Die meisten bieten ein paar persoenliche Informationen ueber den Inhaber der Seite, meistens eine rechhaltige Auswahl erotische Fotos und immer viele "Links"[180] zu anderen Homepages, aber auch zu informativen Netsites von AIDS-Hilfen und schwulen Gruppen, so dass sich mancher "Zufallstreffer" auf deren Seiten ergibt.[181]
Viele Schwule haben eine (kostenlose) Homepage beim Internetdienst GeoCities: Die "WestHollywood Neighbourhood", benannt nach dem bekannten Schwulenviertel in Los Angeles, sieht sich als eine "community with a culture based on gay and lesbian identity".[182] In Deutschland ist ausserdem der "gay-web"-Verbund entstanden, der zum einen als Internetprovider auftritt und zum anderen unter http://www.[Stadt].gay-web.de aktuelle Informationen zum schwulen Leben in der betreffenden Stadt bereithaelt. Die oben angegebenen schwulen Web-Rings erlauben in letzter Zeit ein noch zielgerichteteres "surfen" oder "cruisen" im WWW. Einen deutschen "Bewegungs-Ring" oder "Queer-Movement-Ring" gibt es aber bisher nicht.
So muss man auf die Internet-Suchdienste ausweichen, will man ein bestimmtes Thema, etwa schwule Politik, finden. Die Suchdienste unterscheiden sich in solche, die nur eine Stichwortsuche zulassen, und solche, die auch eine thematische Suche zulassen.

Abb. 12: Schwul-lesbische Internetsuchdienste im WWW
GayLesbianWeb RainbowQuery
Yahoo! Deutschland Gesellschaft und Soziales: Lesben, Schwule und Bisexuelle
WebCrawler Guide Life: Queer Resources
PlanetOut Netqueery
Gay Search Gay Search (deutsch)
infoQueer Queer Links
Queer Resources Directory QRD (englisch)
Quelle: eigene Recherchen

Unter "WebSites" sollen hier umfangreichere Informationsangebote im W3 gesehen werden, die vor allem von den schwulen Organisationen und den AIDS-Hilfen angeboten werden.
Hierzu zaehlen http://www.schwule.org (noch im Aufbau), http//www.herzenslust.org, http://aids-hilfe-nrw.de (im Aufbau), http://www.deutsche-aidshife.de, http://www.macman.org, http://www.eurogay.net, http://www.waldschloesschen.org, http://www.gaysport.org, um nur einige wenige zu nennen.

Die URLs[183] werden in eigenen Print-Publikationen, in Anzeigen, auf Flyern und Plakaten angegeben und sind auch bei den Internet-Suchdiensten zu finden. Ausserdem gibt es, wie erwaehnt, Links auf zahlreichen privaten Homepages sowie in den E-Zines.
Schliesslich soll zu noch einmal darauf hingewiesen werden, dass auch andere Bewegungen das Internet bereits nutzen. Das Beispiel des FrauenInternetProjekts Hamburg soll dies verdeutlichen:

3.5.6 e-Zines

e-Zines sind elektronische bzw. digitale Magazine, die im WWW abrufbar und durch das "electronic publishing" aeusserst kostenguenstig und aktuell zu publizieren sind.
Als schwule e-Zines haben sich besonders Manbase.Com und EuroGay.Net etabliert. Beide bieten staendig aktualisierte News aus Politik und Szene, dazu Geschichten und Unterhaltung, Aufklaerung, erotische Fotogalerien, umfangreiche Link-Listen und vieles mehr.
Zum einjaehrigen Bestehen schreiben die Macher von EuroGay.Net ueber ihre Arbeit:

Doch auch die traditionellen schwulen Printmedien im Zeitungsformat haben laengst Ableger im WWW bekommen: First, Box und Rosa Zone stellen ihre Inhalte ganz oder zumindest Teile wie Kontaktanzeigen und Veranstaltungkalender ins Internet, wodurch sich die Reichweite dieser Medien enorm vergroessert.
Doch ist davon auszugehen, dass aufgrund der Rezeptions- und Kostensituation keine langen Texte und Berichte online gelesen werden. Eine Chance haben solche Texte nur, wenn ganz gezielt danach gesucht wurde und eine "hardcopy" auf Papier moeglich ist.


4 Schlussbetrachtung

Ausgehend von dem Bezugsrahmen einer "anthropologischen Kommunikationstheorie" konnte unter Verwendung einer eigenen Definition des Begriffes schwuler "Subkultur" als "Infrastruktur einer schwulen Teilgesellschaft" und unter Beruecksichtigung der Ziele und der Geschichte homosexueller "Bewegung" eine umfassende und detailierte Beschreibung und Analyse schwuler Kommunikationsmittel und -kanaele gegeben werden, die an vielen Stellen Verweise zu anderen wissenschaftlichen Konzepten und Theorien zur Absicherung und Einordnung der Beobachtung, aber auch zur Verfolgung durch weitere Forschungsarbeit gibt.

Aus dieser "Ethnographie" schwuler Kommunikation wurden diejenigen Bereiche besonders herausgestellt, in denen sich kommunikative Strukturen der schwulenpolitischen Bewegungsarbeit manifestieren.
Eine besondere kommunikative Bedeutung haben demnach Schwulenreferate, Diskussionsveranstaltungen und Kongresse, Communities, Gruppen, sowie e-Mail-Infodienste, Newsgroups, Flyer und Printmedien im Infoformat.
Homepages, WebSites und auch Stadtmagazine haben fuer die Bewegung nur eine Fliegenfaenger-Funktion, ueber die ein erster Kontakt mit den Gruppen hergestellt wird.

Schwulenreferate, Diskussionsveranstaltungen, Kongresse, Communities und Gruppen verbindet der Vorteil der Face-to-face-Kommunikation, die eine aeusserst schnelle und diskursive Kommunikation zulaesst und durch das gemeinsame Erleben der Situation auch eine identitaetsstiftende Wirkung auf die Interaktionsteilnehmer ausuebt. Nachteil ist, dass fuer die Teilnahme zum Teil weite Wege zurueckgelegt werden muessen, wodurch einige von der Interaktion ausgeschlossen werden.

e-Mail-Infodienste bieten den Vorteil, alle Teilnehmer auf einen gleichen und aktuellen Informationsstand zu bringen, wozu diese nicht erst selbst aktiv werden muessen. Nachteil ist wie bei anderen elektronischen Medien auch, dass eine technische Ausstattung beim Empfaenger vorhanden sein muss. Dies schliesst auch hier viele von der Interaktion aus.

Flyer sind zwar sehr aufmerksamkeitsstark, besonders wenn sie an Autoscheiben kleben, haben aber den Nachteil, dass sie nur an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten verteilt werden. Auch hier werden von vorneherein viele Kontakte ausgeschlossen. Ausserdem ist oft eine regelrechte Flyerflut zu beobachten, was zur Folge hat, dass letzlich alle ungelesen im Muell oder auf dem Boden landen.

Die Printmedien im Infoformat haben zum Vorteil, dass sie kostenlos sind, einen hohen Aufmerksamkeitsgrad durch die Kontaktanzeigen und Veranstaltungstermine erfahren und dass sie an dem Ort und zu der Zeit gelesen werden koennen, der dafuer jeweils geeignet erscheint. So ist zu erwarten, dass schon durch einfaches Durchblaettern die Aufmerksamkeit auf das ein oder andere schwulenpolitische Thema gelenkt wird, wogegen man bei e-Zines aufgrund des Uebertragungsvorganges sicherlich nur die Seiten anwaehlen wird, die auch wirklich interessieren.

Der fuer die Kommunikation innerhalb der Schwulenbewegung in letzter Zeit aus verschiedenen Gruenden vernachlaessigte Punkt der direkten Kommunikation soll im folgenden noch einmal gesondert angesprochen werden:
Direkte Kommunikation erlaubt Diskursivitaet. Diskursivitaet erlaubt gemeinsame Zielbildung, und gemeinsame Zielbildung ist die Grundvoraussetzung fuer die Bildung funktionsfaehiger Organisationen. Wie zu beobachten war, liegt hierin eines der groessten kommunikativen Probleme der heutigen Schwulenbewegung: Es werden oft nur noch Informationen ausgetauscht oder abgerufen, und zwar meist auf elektronischem Wege ueber e-mail-Poll oder auf WebSites, aber auch in Form ausgelegter Infobroschueren und kostenloser Infoformat-Zeitungen.
Durch die damit einhergehende Abnahme direkter Kommunikation, die auch aus der erwaehnten Meidung des Telefonierens und aus den dargestellten Effekten der zunehmenden Ausdifferenzerung der Subkultur auf die Face-to-face-Kommunikation resultieren, wird eine diskursive Zielformulierung der Schwulenbewegung zusaetzlich zu den in der Einleitung angesprochenen Hindernissen erschwert.

Zwei komplementaere Loesungswege bieten sich an:

Der unter b) genannte Vorschlag laesst sich auch uebertragen auf die Diskussion von Informationen, die durch e-Mail-Infodienste weitergeleitet werden, in eigens zu den jeweiligen Infodiensten eingerichteten Newsgroups.

In den voranstehenden Ausfuehrungen wird nochmals der Unterschied zwischen den kommunikativen Zielen schwuler "Szene" und schwuler "Bewegung" deutlich, etwa indem die hedonistische Erlebnisausrichtung der Szene dazu fuehrt, dass bestimmte Medien fuer die Szene "Kult", fuer die Bewegung aber nur "Fliegenfaenger" sind.


5 Verzeichnisse

5.1 Literaturverzeichnis


AIDS-Hilfe NRW (ed. org.) (1997):
Herzenslust. Das schwule Sexual-Organ in NRW. Augabe Juli/August 1997
(= Sonderseiten in der Rosa Zone 07/97).

Arnold, David O. (ed.) [1970]:
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5.3 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Schwule Taschentuchcodes (Hanky Codes) 1
Abb. 2: Schwule Taschentuchcodes (Hanky Codes) 2
Abb. 3: Schwule / schwul-lesbische Diskoveranstaltungen im Aktionsradius Ruhrgebiet
(ohne Feten in Muenster und Koeln, ohne Frauen- und Lesbenschwoofs)
Abb. 4: Die Schwulen- und Lesbenbewegung im Ruhrgebiet - ein Ausschnitt
Abb. 5: CSD-Veranstaltungen in Deutschland 1997
Abb. 6: Telefon- und Mailboxen fuer Schwule
Abb. 7: Schwule IRC-Channels (Auswahl)
Abb. 8: Schwule Newsgroups (Diskussionen)
Abb. 9: Schwule Printmedien
Abb. 10: Schwul-lesbische Radiogruppen in NRW
Abb. 11: RingWorld Society and Culture: Gay and Lesbian Rings
Abb. 12: Schwul-lesbische Internetsuchdienste im WWW

(Ende der Bearbeitung).


Fussnoten